Wie man in Passau jetzt auch die Ausbildung beerdigt

Eine der Besonderheiten der Passauer Neuen Presse (doch: die gibt es…) war über etliche Jahre hinweg ihr Modell für die Ausbildung. Wer als Volontär zur PNP kam, hatte im Regelfall die Gewissheit nicht wie in anderen Häusern häufig üblich als billige Vollzeitarbeitskraft missbraucht zu werden. Stattdessen gab es eine außergewöhnlich umfangreiche Betreuung, viel Feedback, laufende Wechsel der Redaktionen, in denen man eingesetzt war. Und schließlich kam man noch in den Genuss zahreicher Seminare, die in einem nach meinem Wissen für Tageszeitungen ziemlich einmaligen Modell zusammengefasst war: Das „Institut für Journalistenausbildung und Kommunikationsforschung an der Universität Passau“ legte die Ausbildungskompetenzen der Zeitung, der Universität und der Akademie für politische Bildung in Tutzing zusammen. Doch auch damit ist es jetzt vorbei: Verlegerin Simone Tucci-Diekmann, bekannt für den gut getarnten Überraschungsangriff, ließ in dieser Woche bei der jährlichen Sitzung des Instituts die Bombe platzen: In dieser Form, so Tucci-Diekmann, werde es diese Kooperation nicht mehr geben – bezeichnenderweise kam diese Mitteilung unter dem Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“, einen eigenen Tagesordnungspunkt wollte die Verlegerin dem Thema nicht widmen (sonst hätte sich ja auch möglicherweise schon im Vorfeld ein gewisser Widerstand formiert).

Bedeutet konkret: Die Ausbildung wird wohl nicht mehr in Zusammerarbeit mit der Universität stattfinden und die Kooperation mit Tutzing ist auch hinfällig. Zwar bedeutet das ausdrücklich nicht, dass man gar keine Ausbidung mehr betreiben wolle (das wäre ja auch schlecht möglich), aber es bedeutet ganz sicher, dass man sich von einem sehr bewährten Modell verabschiedet. Dem Studienleiter Michael Schröder hat man bereits mitgeteilt, dass 2009 sein letztes Jahr für die PNP-Ausbildung war. Und den ungeliebten Helmuth Rücker, dem man im November 2008 den Stuhl vor die Tür stellte, ist man damit en passant auch gleich noch los (Rücker firmiert bisher noch als Geschäftsführer des Instituts). Wieder also ein Stückchen guten Rufs, dass sich die Passauer da verspielen, zumal sich der Eindruck aufdrängt, dass diese Nacht- und Nebel-Aktionen bei Frau Tucci-Diekmann eher System als Zufall sind.

Interessant dabei ist auch, dass sich die Spirale nach unten fortsetzt. Zwar schrieb die Verlegerin ihren Mitarbeitern zum Jahreswechsel noch, man brauche, um der Krise zu trotzen, freundliche und motivierte Mitarbeiter (und man war bei der Lektüre dessen geneigt, noch hinzuzufügen: pünktlich! pünktlich sollten sie auch sein!), aber eine wirkliche Idee außer freundliche Mitarbeiter, rabiaten Personalwechseln und Spaßmaßnahmen, zu denen das Zurückfahren der Ausbildung sicher auch gehört, scheint sie nicht zu haben. Laut IVW jedenfalls hat die PNP im Jahr 2008 bei der verbreiteten Auflage erneut rund 2600 Exemplare verloren. Auch der Rückgang von 1200 Abonnenten ist nicht eben erfreulich – weil er in der Konsequenz nichts anderes bedeutet, dass im überaus bodenständigen Niederbayern, in dem die Passauer auch noch im allergrößten Teil ihres Verbreitungsgebiets Monoplist sind, jeden Monat 100 Abos wegfallen.

Aber vielleicht müssen ja wirklich nur die Mitarbeiter künftig ein wenig freundlicher sein.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Christian Haimerl

    Dem geneigten Leser sei gesagt: Volontäre bei der PNP wurden und werden sehr wohl als billige Arbeitskräfte missbraucht, geknechtet und psychisch gequält. Letzteres wird gerne als „Feedback“ euphemisiert. Eine Disziplin, die ein gewisser Herr J. in Perfektion beherrschte!
    Was in der Folge mit den Betroffenen geschieht, kann man an meinem Beispiel gut nachvollziehen: Als von Herrn J. gefeedbackter ehemaliger Volontär verkaufe ich heute Versicherungen und Lose. Noch heute – mehr als 15 Jahre später – quälen mich Alpträume, wenn ich an Gemeinderatssitzungen, Frauenbundmonatsversammlungen und ähnliche nervenzerfetzende Veranstaltungen denke, zu deren Berichterstattung ich im Anschluss gefeedbackt wurde – mit einem Eishockeyschläger, quer durch die Redaktion! 😉

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