Da sind wir

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Gestern abend wollten die ZDF.reporter mal zeigen, wie man richtig modernes Fernsehen macht. Öffentlich-rechtlicher Anspruch sozusagen, gepaart mit ein bisschen mehr Pepp, als man es dem ZDF gemeinhin zutrauen würde,  so ein bisschen sateinsiges ZDF sozusagen. Herausgekommen ist eine der bizarrsten Veranstaltungen, die man seit langem im Fernsehen erlebt hat. „Wie gerecht ist Deutschland?“, diese Frage wollten die Reporter beantworten — was man sah, war wenig Inhalt, wenig Geist, dafür aber viele „Reporter“, die sich selbst ganz fürchterlich wichtig nahmen und wesentlich mehr im Bild waren als diejenigen, über die es eigentlich zu berichten galt.

Man sah Männer auf der Zugspitze rumhampeln, junge Männer in Lederjacke, die völlig überraschend auf einmal vor Wolfgang Joop standen und ihn fragten, wie das so sei mit dem vielen Geld. Man sah junge Frauen, die im Mini und im BMW durch Deutschland fuhren, um Menschen zu interviewen, wobei man das leise Gefühl allerdings nicht los wurde, dass es mehr um die jungen Frauen und deren unglaublich schöne Autos ging als um die Interviewten. Man erlebte Reporterfragen von erstaunlicher Schlichtheit und würde man den gefühlten Anteil der Zeit schätzen müssen, in der sich einer der Reporter und Reporterinnen ins Bild drängelte, man käme glatt auf 80 Prozent. (Vielleicht sagt jemand mal dem ZDF, dass diese Form der „Reporterstücke“ das letzte Mal Ende der 90er bei RTL als chic galten, obwohl sie es damals schon nicht waren).

Frappierend vor allem: die erstaunliche Ignoranz, das merkwürdige Desinteresse der sogenannten „Reporter“ (eigentlich das falsche Wort, eher waren sie Mikrofonständer) am Thema, an den Menschen. Stattdessen: eine leere Phrase an der anderen, demonstrativ zur Schau getragene Inkompetenz zum Thema — unterlegt mit merkwürdig undramatischer Musik, die eigentlich doch ein wenig Drama in die Beiträge hätte bringen sollen, und eine Kameraführung, bei der man erahnen konnte, dass jemand beim ZDF mal MTV geschaut hat und gesagt hat: Hey, das ist jetzt aber mal richtig cool mit diesen leicht wackeligen Bildern. Tempo rulez! Zwischendrin fragte einer mal, ob das eigentlich gerecht sei, wenn die einen Jaguar fahren und die anderen 3 Euro pro Stunde bekämen, worauf einer der Jaguar-Fahrer antwortete, dass könne er sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass jemand nur drei Euro pro Stunde bekomme, worauf man unweigerlich den Wunsch verspürte, die sonnengegerbte Nase mindestens zu brechen, was wiederum darauf schließen lässt, dass das ZDF-Machwerk wenigstens eines schaffte, nämlich Emotionen zu wecken.

Dazu ein kläglicher Versuch einer Undercover-Reportage, bei der sich einer der ZDF-Reporter in unfassbare Gefahren stürzt und in einem Getränkelager oder sowas ähnlichem Getränkekisten stapelt. Vorher erzählt der Nachwuchs-Wallraff  noch furchtbar aufgeregt, wie aufgeregt er sei und wie gespannt, ob er das denn auch alles schaffe (womit er sich unfreiwillig entlarvt als einer, der sich mit den wirklichen Zuständen im Leben noch nicht beschäftigt hat). Am Ende des aufregenden Abenteuers wissen wir, dass Getränkekistenstapeln nicht so gut bezahlt wird und dass es irgendwie ungerecht ist, dass die champagnerschlürfenden Joops auf Sylt mehr Geld haben. Oder so. Immerhin aber sind die „ZDF-Reporter“ eine wunderbare Möglichkeit, 45 Minuten selbstdarstellernd durchs Bild zu laufen, auf jeglichen Erkenntnisgewinn zu verzichten und stattdessen neue Sonnenbrillen und Lederjacken spazierenzuführen.

Und man fragt sich dann ja irgendwie auch, warum dafür überhaupt irgendwelche Gebührengelder ausgegeben werden, warum Journalisten häufig so elendig selbstverliebt sind, wer sich dieses leere Gequatsche anschaut. Und ob man diese Sendung nicht einfach beim nächsten Mal, wenn sich die GEZ meldet, nach Köln schicken und denen als Begründung um die Ohren hauen sollte, wenn man das Bezahlen von Gebühren ab sofort einstellt.

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