Total lokal: Netz und hier

Nachdem hier in den letzten Tagen viel von Regionalzeitungen und ihren falschen Ansätzen die Rede war: Einer ihrer größten Fehler ist es ja, das Web in den allermeisten Fällen lediglich als ein Anhängsel zu betrachten. Man darf ja schon froh sein. wenn sie das Internet inzwischen als halbwegs gleichberechtigtes Medium betrachten. Oft ist es ja so, dass sie das Web zwar als unabänderlich akzeptieren, insgeheim aber nach Gründen suchen, warum ihr angestammtes Medium Papier dann doch wichtiger ist.

Bei der Suche nach dem hyperlokalen, konsequent vernetzten und zukunfsträchtig ausgerichtenen Lokalmedium aus einem deutschen Verlagshaus bin ich also kaum fündig geworden. Dafür aber jetzt in den USA, wo tdb.com wirklich begriffen hat, welchen Schwerpunkt man wo setzen muss:

It’s Web-focused, but also smartly incorporates traditional media—in this case, a local TV station and local cable-news station—as key elements. But make no mistake, the Web site is first and foremost, not playing a supporting role.

Die Webseite als das erste und wichtigste Element eines Lokalmagazins, nicht nur als kleiner Unterstützer für die anderen — ich bin gespannt, wie lange es noch dauern wird, bis man eine solche Idee aus einem deutschen Verlagshaus hört.

(via Ulrike Langer)

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Daniel Smycek

    tbd.com ist in der Tat eine sehr interessante Seite, da gab es in den vergangenen Tagen ja einige Meldugnen (z. B. im ostropblog) im Netz.

    Kurze Anmerkung: Beim Link zum Blog von Ulrike Langer fehlt ein „l“. Es müsste http://medialdigital.de/ heißen.

  2. Joachim Braun

    Lieber Christian, bei Deiner Suche nach netz-ausgerichteten Zeitungen bist Du offenbar noch nicht auf den Schweizer Verleger Urs Gossweiler gestoßen (ein Video mit ihm auf http://www.drehscheibe.org/weblog/schwerin2009/?p=576). Er hat als junger Mann den Verlag übernommen und die in ungefähr 10.000 Auflage in Interlaken erscheinende Jungfrau Zeitung (http://www.jungfrauzeitung.ch/) wird seither rund um die Uhr, werbefinanziert im Netz publiziert. Zwei Mal in der Woche (wie zuvor auch) erscheint sie als „Print-Out“ mit dem Besten aus dem Internet, grafisch nicht besonders anspruchsvoll. Die Abonnentenzahl hat sich nach Verlagsangaben nicht nach unten entwickelt.

    Urs wollte dieses Konzept schon vor Jahren unter dem Begriff Mikrozeitung schweizweit vermarkten und hatte in der NZZ sogar einen finanzstarken Partner, scheitterte aber am Widerstand der im Verlag NZZ herausgegebenen Regionalzeitungen. Seit einigen Monaten erscheint in der Zentralschweiz als Ableger aber die Obwalden Nidwalden Zeitung – nach dem Interlakener Konzept.

    Mal reinschauen, ein interessantes Projekt!

  3. Stefan Wintermeyer

    Ich könnte zu dem Thema seitenlang Kommentare und Anregungen schreiben. Wenn ich aber drüber nachdenke, dann läuft es alles auf eine Sache hinaus:
    Es bedarf zum Startpunkt einer „neuen“ Zeitungsidee (Print UND Online) einer Symbiose aus Technik und Redaktion.

    Häufig wird ein mittelmässig talentierter Programmierer zu spät mit einem „wir haben da eine Idee, jetzt mach mal“ ins Projekt reingeholt. Das mag beim Druck einer Zeitung gehen (sprich auch eine mittelmässige Druckerei wird eine normale Tageszeitung hinbekommen), aber bei einer brauchbaren Online-Zeitung es mehr Talent und Intelligenz. Auch mehr Gefühl für das Medium.

    Es ist leider so, das aktuell 9 von 10 Zeitungen im Netz von über Farbe diskutierenden Blinden realisiert werden. Da können die noch so viel auf Twitter und Facebook schreiben. Ein iPhone in der Tasche reicht auch nicht aus.

    PS: Bin ganz fasziniert von der geistigen Klarheit dieses Blogs.

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