Warum Zwonull für Journalismus uninteressant ist

Lieblingsdisziplin der Fernsehkritiker und der Zuschauer gleichermaßen: Denen fällt alles nix Neues ein, überall dasselbe, einer schaut vom anderen ab. Da ist viel Wahres dran – und vor allem: Die Aussage lässt sich auf viele Mediengattungen transferieren, neuerdings auch auf Online-Journalismus. Nach all den pompösen 2007-wird-ein-ganz-entscheidendes-Jahr-Ankündigungen und den bisher zu sehenden Resultaten fällt mir vor allem eines auf: Die Ergebnisse sind alles, nur noch nicht originell. Zwischen Spiegel, Stern, Focus, Welt, SZ und den anderen Epigonen sehe ich kaum mehr nennenswerte Unterschiede. Das mag für SPON als Branchenprimus ein Kompliment sein, für alle anderen ist es eher ein Beleg der Einfallslosigkeit. Beim Surfen (ja, das tue ich, ganz altmodisch und unter Verzicht auf irgendwelche Reader) musste ich unlängst schon ein paar Mal auf die Domain schauen, um mich zu vergewissern, bei wem ich jetzt überhaupt gelandet bin.

Ich denke, ein entscheidender Punkt für diese fehlenden eigenen Profile ist der fehlende Fokus auf journalistische, multimediale Inhalte. Wenn ich mir beispielsweise die Multimedia-Sektion der NYT anschaue und das dann mit den wenigen und dann häufig kümmerlichen Flash-Grafiken in deutschen Angeboten betrachte, dann liegen dazwischen journalistische Welten (übrigens kommt die Multimedia-Sektion der NYT auch ganz wunderbar ohne das ganze Zwonull-Gedöns aus – es ist einfach nur wunderbarer, aufregend guter Journalismus). Und wenn ich mir die Mitteilungen in den entsprechenden Fachblättern und die Ausagen aus den einzelnen Häusern so anschaue, dann wundere ich mich: Durch die Bank wird derzeit betont, man habe so aufregende Dinge wie Social Bookmarking oder Kommentarfunktionen eingeführt. Dass man Geschichten jetzt irgendwo taggen kann, ist ein uralter Hut, ein schöner Service, aber mehr eigentlich auch nicht. Die Kommentare der meisten anderen User sind mir schlichtweg egal, ich gebe allerdings auch gerne zu, dass ich auch in den gedruckten Ausgaben Leserbriefe so gut wie nie lese.

Darum geht es aber auch nicht. Von mir aus sollen die Leute kommentieren und taggen wie sie wollen, ich gehe trotzdem immer noch in erster Linie wegen der journalistischen Inhalte auf eine Seite. Und kann sich jemand umgekehrt eine Kampagne von – sagen wir – SZ oder Spiegel vorstellen, in denen mit dem Claim „Jetzt noch mehr Leserbriefe!“ geworben wird? Soll letztendlich heißen: Journalistisch getriebene Seiten definieren sich über Inhalt und nicht über Technik. Wie zwonullig ein Angebot ist, interessiert mich wenn überhaupt nur am äußersten Rand. Wenn also jemand jetzt und künftig ankündigt, sein Angebot an Zwonull-Trends orientieren zu wollen (Blogs! Community! Bookmarking! Kommentare!), dann ist das keinerlei Ausweis für irgendweine journalistische Leistung und Qualität. Was man leider unschwer den Ergebnissen der Zwonull-Relauncher auch ansieht. Hinter dem neuen Anstrich liegt nämlich selten auch eine neue journalistische Qualität.

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