Die Killerapp und ihr gar nicht so großes Geheimnis

Ach ja, in meinem nächsten Leben werde ich Unternehmensberater. Oder Autor von Studien. Wenn gar nichts mehr geht: Redakteur von „Meedia“, der über Studien berichtet, die von Unternehmensberatungen in Auftrag gegeben worden sind.

Bei Deloitte jedenfalls haben sie jetzt das große Geheimnis der Apps untersucht und sind dabei zu (Ironiemodus an) ganz erstaunlichen und bemerkenswerten Ergebnissen gekommen. „Meedia“ jubiliert deswegen, dass diese Studie das „Geheimnis der Killer-Apps“ lüfte. (Ironiemodus off).

Die Sache ist demnach so: Lässt sich bei einer App mit einer Kamera arbeiten, hat sie geobasierte Dienste, ist sie schnell und (Achtung!) womöglich sogar noch „durchdacht“, könnte dies zur nachhaltigen Beliebtheit einer App beitragen. Da wäre man von alleine gar nicht drauf gekommen. Vor dem geistigen Auge tauchen die ersten App-Berater auf, die ihren Kunden in Seminaren empfehlen, ihre Apps ordentlich zu durchdenken. Ein Raunen geht durchs Publikum, jetzt noch eine Kamera und ein GPS und alles wird gut.

Das mit den Apps ist speziell in deutschen Medienhäusern irgendwie merkwürdig. Man erwartet mindestens die Rettung der Branche von ihnen, man hängt die Sache strategisch enorm hoch, es gibt sogar Verlage, die gegen öffentlich-rechtliche Mitbewerber klagen. Dabei wird gerne vergessen: Ohne ein gutes Kernprodukt ist jede noch so durchdachte, GPS-basierte und kameraerweiterte App sinnlos. Niemand –  ich würde da jetzt gerne mal ein echtes Killergeheimnis lüften -lädt eine App, weil es eine App ist. Umgekehrt wird eher ein Schuh daraus: Man hat ein gutes Produkt, einen bekannten Namen – und transferiert das in welcher Form auch immer auf eine App. Hat man beides nicht, wird es schwierig. Frag nach bei „The Daily“. Die ist technisch schon hübsch, diese Murdoch-App. Steht nur nix drin, was sich ernsthaft zu lesen lohnt, braucht man nicht, keine bekannte Marke, keine renommierten Autoren – das wäre es, was für eine App relevant wäre. So einfach, so nachvollziehbar.

Im Kern fokussiert sich die Problematik des Mediengeschäfts ziemlich gut im Minisegment der Apps. Das Angebot wird zunehmend groß und unübersichtlich, rund 400.000 Apps sind im Umlauf, statistisch gesehen installieren sich Nutzer aber nicht mehr als irgendwas zwischen 30 und 50 auf ihrem Screen. Man muss also schon etwas sehr Überzeugendes anbieten, wenn man in diesem Markt nicht nur bestehen, sondern womöglich auch noch Geld verdienen will. Das Angebot übersteigt die Nachfrage bei weitem, das ist möglicherweise das größte Problem, das Medien haben. Das gilt auch und vor allem bei Apps.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Patrick

    In der Tat ein schönes Beispiel für eine Zirkelschluss-Studie, bzw Zirkelschluss-Journalismus.
    Die Studie sagt in Bezug auf die Funktionen nicht einmal, dass Apps durch bestimmte Funktionen erfolgreich sind, sondern dass umgekehrt erfolgreiche PR-Apps diese genannten Funktionen benutzen (ohne Kausalität herzustellen, was Journalisten offenbar nie unterlassen können).
    Trotzdem bleibt die „Studie“ in der Tat ziemlich aussagefrei. Hier noch die gesamte Zusammenfassung: https://www.deloitte.com/assets/Dcom-UnitedKingdom/Local%20Assets/Documents/Services/Consulting/uk-con-killer-apps.pdf

    Albern auch, dass meedia vergisst darauf hinzuweisen, dass Deloitte sich ausschließlich mit PR-Apps von Marken beschäftigt hat (also Dingen wie dem „Opel-Parkplatzfinder“) und nicht mit „Apps allgemein“ wie suggeriert.
    Aber was soll’s – meedia steht ja leider ohnehin für notorischen Schwafeljournalismus und routiniertes Weganalysieren von Konzernstrategien vom Schreibtisch des Praktikanten aus.

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