Am besten die Zukunft verbieten

Kaum ein Tag momentan, an dem nicht irgendwelche Mitteilungen im Ton der Entrüstung in der Mailbox landen: Die Printbranche fühlt sich mal wieder massiv misshandelt und zurückgesetzt und will am liebsten die Zukunft verbieten. Die Zeitungsverleger fordern den „freien Zugang“ zum iPad und der VDZ will wenigstens „Gleichberechtigung“ bei den Geschäften mit Apple. Man ist bekanntermaßen ein wenig säuerlich angesichts der Tatsache, dass der Riese Apple die Konditionen diktiert, die in (immer noch) seinem Store gelten. Diese Konditionen sind zugegeben rigoros, aber man hat eine Alternative. Man muss sie nicht akzeptieren. Niemand zwingt irgendjemanden dazu, Geschäfte mit Apple zu machen.

Auf der anderen Seite sind es gerade die Verlage, die sich bei ihren eigenen Interessen und Geschäftsmodellen an Rigorosität kaum mehr überbieten lassen. Sie fordern nicht sehr viel weniger, als dass de facto jede Minimalleistung im Netz honoriert wird, dass niemand, vor allem das böse Google nicht, Geschäfte mit den verlagseigenen Inhalten macht.  De facto fordern sie: Geschäfte und Nutzungen mit unseren Inhalten werden nur zu unseren Konditionen gemacht. Dazu soll sogar eine gesetzliche Regelung durchgedrückt werden, nur um ein bisher bewährtes Geschäftsmodell staatlich zu reglementieren. Dass, nebenher bemerkt, auch der DJV die Verlage in dieser merkwürdigen Haltung unterstützt, macht die Sache nicht sehr viel besser.

Der Widerspruch sollte dabei doch offensichtlich sein. Man fordert auf der einen Seite Unternehmen auf, ihr Geschäftsmodell so anzupassen, dass es den Interessen der Verlage entgegenkommt. Und man will auf der anderen Seite gesetzlich reglementiert haben, dass das eigene Geschäftsmodell auf gar keinen Fall aufgebohrt wird, dass alle Inhalte zu jeder Zeit immer unter Kontrolle der Verleger bleiben und jede andere Nutzung kostenpflichtig wird. Kurz: Man beharrt darauf, dass es ja schließlich die eigene Leistung ist, die man erbringt und vergütet haben will — während man dies gleichzeitig beispielsweise Apple das nicht zugestehen will und jenen grotesken „freien Zugang“ fordert.

Beim Verhältnis der Verlage zum Netzhandelt es sich immer noch um ein Missverständnis. Ihre stark geschrumpfte Rolle, ihre Funktion als einer von vielen ist ihnen immer noch nicht klar. Stattdessen meinen sie, es gehe alles weiter wie bisher, nur digitaler. Nicht mal mehr ein böses Erwachen kann man einem Teil von ihnen prophezeien. Weil es gar kein Erwachen mehr geben wird.

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Frank

    Sehr schön analysiert und argumentiert. Das macht die gespaltene Haltung sehr gut deutlich.

  2. Peter Jebsen

    In eine Diskussion über die mögliche Ausgestaltung eines Gesetzes einzusteigen, das höchstwahrscheinlich kommen wird, ist für mich nicht mit einer Unterstützung desselben gleichbedeutend.

    Ich bin auch „der DJV“ (bzw. Teil davon) und *nicht* vom Sinn einer Leistungsschutzabgabe überzeugt.

    Gleichzeitig hielte ich es für leichtfertig, wenn es die Journalistengewerkschaften versäumten, in Gesprächen über solche Gesetzespläne die Interessen der Urheber zu vertreten.

    An der folgenden Positionen des DJV zum Leistungsschutzrecht hat sich meines Wissens nichts geändert:
    http://www.djv.de/Leistungsschutzrecht-Verleger.3080.0.html

  3. Ulf J. Froitzheim

    Peter Jebsen hat Recht. „Der“ DJV ist sich da nicht so einig, wie es scheint. Die Skeptiker, zu denen ich auch mich rechne, sind unter den Aktiven aber gewiss in der Minderheit – was daran liegt, dass die tarifgebunden angestellten Tageszeitungsredakteure trotz aller Leistungsverdichtung immer noch am ehesten die Zeit aufbringen, im Verband etwas zu tun. Das Gros von ihnen wiederum denkt, wie man denkt, wenn man außer der Innenansicht eines Zeitungsverlags wenig von der Berufswelt kennt. Denen würde ich ihre Sozialisation nicht vorwerfen. Es könnte ihnen aber nicht schaden, mal zum Horizont zu blicken. Da sie im inneren Kreis des Verbandes die Mehrheit stellen, prägen sie leider das Bild „des“ DJV.
    In der Sache ist es richtig, dass wir unvoreingenommen jede Möglichkeit prüfen, für unsere Arbeit Geld zu bekommen. Dass „die“ Verleger („die“ Verleger im Sinne von „der“ DJV“) dabei faire oder auch nur starke oder weitsichtige Verbündete sein könnten, ist nach aller Erfahrung doch eher unwahrscheinlich.

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