Online worst (17)

Nur ein paar Kilometer weg von meinem Heimatort ist etwas passiert, was mit Worten kaum zu beschreiben ist: Zwei Jugendliche prügeln einen Obdachlosen zu Tode. Einfach so, weil ihnen langweilig war. Weil sie mal jemanden „aufmischen“ wollten. Man kann und man sollte als Journalist dazu eine ganze Reihe Fragen stellen. Vor allem, weil sich diese Tat nicht in die Klischees einordnen lässt, die man sonst gerne zur Hand hat. Simbach am Inn ist keine Großstadt, von bemerkenswerten sozialen Brennpunkten ist mir nichts bekannt. Warum also?

Als mögliche Antworten könnten einem in den Sinn kommen:

  • Meine Güte, was soll´s. Wer andere totschlägt, hat eh ein Charakterproblem.
  • Naja, da werden schon einige Gründe zusammengekommen sein.
  • Nicht aufregen. Schlägereien sind in dem Alter nix Ungewöhnliches und direkt totschlagen wollten sie ihn ja nicht.

Glauben Sie nicht? Ist aber so, wenn man die Antwortmöglichkeiten betrachtet, die die Passauer Neue Presse in ihrer „Umfrage der Woche“ ihren Usern so anbietet:

(PS: Vermutlich kann man an solchen Entgleisungen nicht einmal der Chefredaktion oder der Geschäftsführung die Schuld geben. Ich nehme kaum an, dass von dort jemand täglich auf das Onlineangebot schaut. Und damit wir uns richtig verstehen: Es sind nicht alleine die Antworten, die mich stören. Aus einer solchen Geschichte eine inhaltlich restlos schwachsinnige Klickmaschine zu machen, ist für mich einfach abartig).

(PPS: Bei 371 Abstimmern sind übrigens bisher mehrheitlich die meisten der Meinung, wer andere totschlägt, habe irgendwie ein Charakterproblem. Dann is ja gut.)

Update, 14.50 Uhr: Man hat die Umfrage der Woche jetzt mit einem anderen Thema bestückt, das etwas weniger delikat ist: Spätestens zum 1. Advent ist Weihnachten allgegenwärtig. Sind Sie schon so weit?

Unfreiwilig auch das ein Beleg dafür, wie unsinnig dieser Voting-Unfug ist.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Chat Atkins

    Unerzogen, also im Naturzustand, ist der Mensch alles andere als ‚gut‘. Weil diese uralte Erkenntnis auch für den Redakteur gegolten hätte, steht sie dort vermutlich nicht …

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