Aus dem Leben eines Amtsgeplagten

Heute war Bürotag. Einer, an dem man so die ganze Post mal abarbeitet, die sich im Laufe einer Woche ansammelt (und die man bevorzugt dann liegenlässt, wenn sie in halbamtlich aussehenden grauen Briefumschlägen daherkommt). Und wenn man  wissen will, woran hier in diesem wunderbaren Land das eine oder andere krankt, muss man sich nur die Bilanz eines solchen Bürotages ansehen — und man hat eine Ahnung, warum man selbst als begeisterter und überzeugt selbständig arbeitender Mensch sich manchmal nach einem Dasein als Bürohengst sehnt. Schon alleine aus dem Grund, weil man dann mal die anderen Bürohengste so richtig schikanieren könnte. Man müsste nur wahllos ein paar Vorschriften zusammenwürfeln und ebenso wahllos herausgenommene Formulare dazu versenden. Schon braucht Ihr Gegenüber mindestens Antidepressiva.

Aber der Reihe nach: Ganz oben im Stapel, den mir die Briefträgerin mit gewohnter Unfreundlichkeit auf den Tisch warf, lag Post vom Finanzamt, was insofern nicht verwunderlich war, weil ich diese Woche täglich Post vom Finanzamt bekommen habe und es eigentlich keine Rolle spielt, ob es nun sieben oder neun Briefe sind, die man pro Woche so bekommt. Blöd nur, wenn sich die Briefe teilweise widersprechen und wenn man während der Woche mehrfach im Finanzamt anrufen muss, um die Damen und Herren Finanzbeamten darauf hinweisen muss, dass sich das widerspricht. Worauf man schon mal zur Antwort erhält, dass das gut möfglich sei, weil der eine Kollege eben nur die Umsatz- und der andere Kollege nur die Enkommenssteuer betreut und der dritte schließlich an der Kasse sich weder für das eine noch das andere interessiert, sondern nur das tut, was ihm die Kollegen aus der Einkommens- bzw. Umsatzssteuer auftragen, ganz egal, ob das jetzt widersprüchlich ist oder nicht. Wo zur Hölle kämen wir schließlich hin, wenn jetzt Finanzbeamte auch noch zu denken begönnen? Immerhin sind die Herrschaften an Lakonie kaum zu übertreffen, ich habe jedenfalls selten so viel gelebte und überzeugende Geichgültigkeit gehört wie in dem Satz „Bei mir liegt nix aufm Tisch“ (das war die Antwort auf den Hinweis, dass die angeforderte Vorausmeldung zur Umsatzsteuer doch schon lange vorliege). Dass das Bundesamt für irgendwelche Steuern in Saarlouis und noch ein weiteres Finanzamt mir ebenfalls freundliche, wenn auch schwer verständliche Post zukommen haben lassen, sei wirklich nur der Vollständigkeit erwähnt; jedenfalls waren es dann tatsächlich genau sieben Schreiben aus den Finanzämtern dieses Landes, mit denen ich mich befassen durfte (und seien Sie versichert: Das ist kein Spaß).

Ebenfalls auf dem Tisch: Ein Schreiben der IHK Passau, die mich freundlich aber bestimmt darauf hinweist, dass ich auch in diesem Jahr wieder einen Mitgliedsbeitrag bezahlen darf. Jahr für Jahr um diese Zeit frage ich mich dann, warum ich mich dort überhaupt angemeldet habe, bis mir dann wieder einfällt, dass ich mich dort gar nicht angemeldet habe, sondern zwangsvermitliedschaftet worden bin. Die IHK ist also so eine Art GEZ für Wirtschaftsunternehmen, ähnlich effizient, ähnlich unfreundlich und zumindest für mich ähnlich nutzlos. Einmal im Monat bekomme ich eine wirklich unfassbar dröge gemachte Mitgliederzeitung, bei der mir sogar der Fisch leid täte, den ich darin einwickeln würde. Das hat der Fisch wirklich nicht verdient.

Mindestens ebenso erstaunlich wie die Zeitschrift sind auch die Angebote, die die IHK ihren Mitgliedern so macht: Wenn ich das richtig verstanden habe, finanziere ich mit meinen Mitgliedsbeiträgen u.a. dass tatsächlich Menschen den Umgang mit Powerpoint lernen. Nun ja, dafür wird der IHK-Präsident regelmäßig auf irgendwelchen Veranstaltungen spazieren geführt und ein-, zweimal im Jahr befragt ihn die Passauer Neue Presse, wie er das denn jetzt so sieht mit der Wirtschaft. Nachdem ich das lieber erst gar nicht wissen möchte, lese ich das auch nicht. PNP spricht mit IHK, das hört sich verflixt nach Realsatire an. Ein einziges Mal übrigens habe ich bei der IHK angerufen und um eine Auskunft gebeten: Ob man denn nicht auch austreten könne? Die Antwort war von erstaunlicher Knappheit und Präzision: Nein. Kann man nicht.

Dass mich so etwas generell gerne etwas auf die Palme bringt, wissen all jene treuen Leser dieser kleinen Seite, die meine Auseinandersetzungen mit der GEZ mitbekommen haben. Das Thema GEZ hat sich allerdings relativiert, seit mir in den letzten Tagen und Wochen auch die Bundesknappschaft und die Künstlersozialkasse geschrieben haben. Beide teilten mir mit (soweit ich das richtig verstanden habe), dass sie irgendwas von mir brauchen und dass ich dazu irgendwas ausfüllen soll. Beides habe ich schon bei den jeweils vorhergehenden Schreiben nicht richtig verstanden. Die Antworten auf meine durchaus höfliche Nachfrage, was zur Hölle man überhaupt wolle und wie ich was auszufüllen habe, übersetzt man in Bayern übrigens so: Schau halt nach, oida Depp. Versehen mit dem Hinweis, dass ich horrende Strafen zahlen müsse, wenn nicht sogar im Knast lande, wenn ich nicht schnellstmöglich meiner gesetzlich verankerten Pflicht zu irgendwas nachkomme. Seitdem glaube ich, dass es in Deutschland gefährlicher ist, es sich mit einer staatlichen Beamteneinrichtung zu verscherzen, als, sagen wir, einen handfesten Betrug zu begehen. Ein Krieg mit Finanzamt, IHK und Knappschaft ist jedenfalls nicht zu gewinnen, so viel steht fest.

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