Zwischen Theorie und Praxis (2)

Was ist eigentlich aus den Jubelrufen und der Hurrastimmung der Verlage kurz vor und nach der Einführung des iPads geworden? Offenbar nicht sehr viel. Zwar hatten die Häuser unisono angekündigt, dort ihre neue Chance zu sehen und dementsprechend schnell hochwertige Angebote produzieren zu wollen. Inzwischen sieht man das gute Stück regelmäßig in U-Bahnen und anderen öffentlichen Einrichtungen, von der avisierten Digitalgroßoffensive sieht man aber derzeit nicht sehr viel. Lässt man mal die Branchengrößen Springer und Spiegel außen vor, dann reduziert sich das Angebot der deutschen Verlage in Sachen iPad auf nahe Null.

Es ist — erstaunlicherweise — das alte Elend, warum auch diesmal viele Verlage dabei sind, das nächste große Ding zu verschlafen. Man zeigt sich verzagt und irgendwie ein bisschen mutlos, hängt gleichzeitig fest im Dilemma, das man auf der einen Seite dringend investieren müsste, auf der anderen Seite aber in Zeiten sinkender Umsätze und immer dünner werdenden Personaldecken eher Geld sparen müsste als es auszugeben. Das Ergebnis ist irgendwie erwartbar: Man wird nicht richtig Fuß fassen auf den neuen, hypermobilen und hyperkonvergenten Plattformen, demnach also dort kein Publikum finden und keine Umsätze generieren (und dann vermutlich alle Energien darauf verwenden, sich gemeinsam gegen eine Tagesschau-App zu wenden, weil die ja auch noch das Publikum auf dem iPad wegnehmen wird).

Eine Studie hat das alles jetzt sehr schön in Zahlen gefasst: Demnach klagt nahezu die Hälfte der Führungskräfte deutscher Verlage darüber, dass man zwar gerne wolle, aber eben nicht könne — weil das notwendige Budget zur Entwicklung halbwegs konkurrenzfähiger Angebote nicht da sei bzw. nicht freigegeben werde.

Ein Verhaltensmuster, das man schon vor 10 Jahren beobachten konnte: Damals, als es langsam ernst wurde mit der Erstellen vernünftiger Onlineangebote, gab es in vielen Verlagen ebenfalls die Devise, dass man dieses Internet zwar schon besetzen und demnach auch etwas tun müsse — dass dies aber auf der anderen Seite wenig bis (noch besser) gar nichts kosten dürfe. Dass das nicht geht, könnte man zwar bei jedem Zweitsemester-BWL-Studenten in Erfahrung bringen, aber anscheinend versucht man es dennoch gerne immer wieder mal nach dieser Methode.

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