TU Amo – oder: Ein Verleger interviewt sich selbst

    Seit es eine Empfehlung einer Kommission gibt, die der bayerischen Staatsregierung rät, sich verstärkt auf die Ballungszentren im Freistaat zu konzentrieren, ist man überall dort, wo man nicht zu den Ballungszentren gezählt wird, ein wenig angesäuert. Medial ist das insofern eine tolle Sache, weil sich gemeinsame Entrüstung prima zu einer kleinen Kampagne zusammenfassen lässt. Zumal dann, wenn die Kommission, die eine solche Empfehlung gibt, das Ganze eher unglücklich formuliert und beispielsweise den Niederbayern rät, man solle sich doch künftig stärker an Österreich orientieren als an München. Was im Übrigen gar nicht mal so von der Hand zu weisen ist, weil beispielsweise Passau von der österreichischen Grenze ungefähr null Kilometer entfernt liegt, es aber nach München um die 200 Kilometer Entfernung sind. Bei der „Passauer Neuen Presse“ (und anderen) nahm man das dann zeitig zum Anlass, in Österreich die hoch-investigative Nachfrage zu stellen, ob man in Österreich bereit sei, die Niederbayern respektive die Passauer aufzunehmen. Die Antworten aus Österreich waren, nunja, zurückhaltend, weil das ja gar nicht die Frage war. Aber egal, ein bisschen Entrüstung macht sich immer gut. Und dem Leser mühevoll zu erklären, was es mit dieser Empfehlung der Zukunftskommission so auf sich hat, wäre vermutlich auch etwas viel verlangt gewesen.
    Auch im rund 90 Kilometer entfernten Straubing sorgen sie sich angesichts dieser Kommission. Deswegen und aus anderen Gründen fordert man jetzt die Ansiedlung einer Dependance der TU München. Es gibt einen Förderverein, der sich für die Ansiedlung einsetzt und der hat jetzt Gespräche mit dem Ministerpräsidenten geführt, die gottlob, so das „Straubinger Tagblatt“ zu einem guten Ergebnis geführt haben:
    Ermutigend ist dann irgendwie auch, wenn man weiß, dass sich nicht etwa Bürger und Politiker darum sorgen müssen, ob sich eine TU in Straubing ansiedeln sollte, sondern das gleich die ortsansässige Monopolzeitung mit übernimmt. Denn die berichtet heute erfreulicherweise  gleich darüber, wer die ermutigenden Gespräche mit Seehofer geführt hat:
    Wer es nicht weiß: Dr. Hermann Balle ist (Alt-)Verleger des „Tagblatts“ und immer noch die graue Eminenz des Hauses. Das Interview, das er heute mit sich selbst machen lässt, wird dann auch ganz kritisch und kontrovers geführt und Dr. Balle darf dann auch mal nebenher anmerken, dass er Seehofer schon lange kenne und genau wisse, wie der ticke. Nebenher wäre natürlich auch die Frage spannend gewesen, inwieweit eine TU-Niederlassung überhaupt sinnvoll, gewollt und realistisch ist, aber diesen Prozess kann man ja abkürzen. Wo man doch jetzt eine Presse hat, die gleichzeitig auch Politik macht.
    Eine lustige Provinzposse eines lustigen Provinzverlags, der außerhalb des Straubinger Gäubodens ohnehin nicht registriert wird? Mitnichten. Dr. Balle ist immer noch Mitglied des ZDF-Fernsehrats, sein Sohn und Verleger Prof. Dr. Martin Balle Mitglied des Presserats. Aber das ist natürlich wieder ganz etwas anderes und hat mit einer etwas merkwürdigen Auffassung von Journalismus, Transparenz und anderen Bagatellen sicher nichts zu tun.

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