G minus

Ich habe wirklich keine Ahnung, was ich heute alles verpasst habe. Und das, obwohl ich eigentlich dachte, die Dinge jetzt besser sortieren zu können, seit es nicht nur Twitter und das zunehmend mehr zugemüllte Facebook gibt. Inzwischen existiert ja auch das neue Supernetzwerk von Google, mit dem alles noch leichter und schöner und übersichtlicher sein soll. Weil mein armer Kopf aber kein Supernetzwerk ist, bin ich mir für mich selbst zumindest sicher: Einer wird in meiner Liste dran glauben müssen. Es geht schlichtweg nicht, auf drei Netzwerken gleichermaßen präsent zu sein, überall fleißig und individuell zu kommunizieren und zudem noch die neue G+-Regel Nummer eins einzuhalten: no crosspostings please. Sorry Freunde, das ist einfach nicht drin.

Das meistgelesene Wort heute war: lesenswert. Wenn ich noch hinzurechne, wie viele Formulierungen ähnlich waren, zumindest also implizierten, was ich heute hätte alles lesen und sehen und hören sollen, ich hätte eine Liste für die nächsten drei Tage. Weswegen ich heute zum ersten Mal das Paradox erlebt habe, dass die großartigen Empfehlungs- und Sharingkulturen der sozialen Netze einen Überdrussreflex ausgelöst haben. Es ist mir ja fast peinlich, das zugeben zu müssen, aber für einen kurzen Augenblick habe ich mich nach einer Zeitung gesehnt. Die mir auf den Seiten 1-65 die Welt erklärt und wo mich nicht andauernd jemand anplärrt: Das MUSST du lesen! Zugegeben, bei G+ kommt momentan noch ein Nervfaktor hinzu, der sich legen dürfte. Ich treffe dort die digitale, öhm, Elite, die einen dann doch eher eingeschränkten Themenfocus hat. So rasend viele Leute sind es noch nicht, weswegen ich heute ungefähr 17 Shares (sagt man das so?) von Sascha Lobo bekommen habe, der zu viele Freunde oder Circler hat und dem deswegen dauernd der Browser abstürzt. 10.000 sollen es sein und ich frage mich gerade, wer das alles lesen soll. Und kann. Und will.

Wenn es etwas gibt, was wir als fortgeschrittene Netznutzer in der nächsten Zeit machen müssen, dann ist es das: (noch) effektivere Filter anlegen, noch mehr selektieren, wegschmeißen, was belastet, was keinen Sinn macht, was hohl und langweilig ist. Es geht dabei nicht mal um Multitasking oder nicht, sondern um Sinn und Unsinn einer Information, um zwangsläufige Redundanz. Weil wir trotz unserer unzähligen Kanäle, die wir inzwischen bespielen können, nicht zwangsweise auch unzählige gute und relevante Inhalte haben. Manchmal reicht mir der Blick auf das (noch G+freie) Flipboard, um festzustellen: Irgendjemand hat heute wieder was ganz dolles geschrieben und gemacht, dass die Herde ganz doll retweetet und liked. Und was mir dann auf ungefähr jeder dritten Flipboardseite wieder begegnet.

Wenn ich also irgendwas aus den ersten G+-Tagen mitgenommen habe, dann das: Weniger ist mehr. Einer wird dran glauben müssen.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. JUICEDaniel

    Und wer wird’s sein? Ich tippe am wenigsten auf Facebook. Dabei fällt einem erst wenn man darauf verzichtet auf, dass es am meisten gut tut und man wirklich nichts(!) verpasst. (Wäre doch ein interessantes „Experiment“, mal einen Monat lang auf Facebook zu verzichten. 😉 )

    Ein bisschen Tweet geht immer – das ist ja genau das Schöne an den 140 Zeichen. Es KANN gar nicht so ausarten wie bei manch anderen Social Networks, die deutlich mehr Content beherbergen.

  2. karpatenhund

    @JUICEDaniel: Ich tippe darauf, dass es in absehbarer Zeit grade Facebook treffen wird. Möglicherweise jetzt noch nicht, weil Google+ noch Kindekrankheiten hat; Aber Facebook bewegt sich einfach zu wenig, zeigt zu wenig Innovationskraft und viel zu wenig Nutzerfreundlichkeit. Wenn sich da nicht spürbar etwas ändert, wird facebook mittelfristig dort angelangen, wo myspace inzwischen auch steht.

  3. Saim Alkan

    Ich hatte am Samstag eine herrlich nerdfreie Diskussion. Ergebnis: Das digitale Proletariat fuehlt sich auf Facebook noch sauwohl. Elite hin oder her.

  4. JUICEDaniel

    Interessant, wie schnell da einige umschwenken… ich habe mich vor langer Zeit bei Facebook abgemeldet (aus zum Teil den Gründen, die jetzt als Nachteile/Kritikpunkte an Facebook aufgelistet werden) und jetzt werden immer mehr kritische Stimmen an Facebook laut.

    Finde ich gut so (Konkurrenz belebt das Geschäft & Monopole sind nie gut), aber so viel glücklicher bin ich auch nicht darüber, dass es ausgerechnet Google ist. (Wer sonst?!..) Immerhin sind z.B. die Datenschutzbestimmungen aktuell deutlich besser – sicher auch miteinkalkuliert, dass das ebenfalls ein Pluspunkt für Google sein könnte.

    (Sixtus und daraufhin auch Lobo meinten ja, Twitter würde am stärksten darunter leiden und nicht Facebook. Sehe ich anders. Twitter ist wie gesagt mit seinen 140 Zeichen eine Nische und so lange das Limit bleibt, wird es Twitter das auch bleiben. Eine sehr große Nische. 🙂 )

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