Süddeutsche.de: Einfach besser gemacht

Onlinejournalismus ist an sich eine furchtbar einfache und unkomplizierte Sache. Wie überhaupt dieses Internet eine einfache Geschichte ist. Oder vielleicht  sogar alle erfolgreichen Produkte — je einfacher, schnörkelloser und erkennbar gut sie gehalten sind, desto besser sind sie. Das Schwierige ist vermutlich, die schwierigen Dinge einfach zu machen. Diejenigen, die das können, haben in der Regel überwältigenden Erfolg, siehe Google, siehe Apple.

Speziell im Onlinejournalismus ist die Gefahr groß, dass man eine Webseite ordentlich überfrachtet. Hier noch eine Rubrik, da noch ein Kasten, darf´s eine Spalte mehr sein? Es gab da immer eine ganze Reihe von Kandidaten, süddeutsche.de war lange Zeit einer von ihnen. Ich fand es immer verblüffend, wie man bei der SZ nahezu alle Onlinechancen konsequent ignorierte und stattdessen ein Angebot hinstellte, dass einem Blatt wie der SZ kaum würdig war. Leider las es sich nicht nur schlecht, sondern war auch optisch wie eines dieser gruseligen freistehenden Einfamilienhäuser in Germering, wo man dann noch ein Erkerchen und ein Türmchen…

Süddeutsche.de hat sich in dieser Woche entschlackt. Und gezeigt, worauf es ankommt. Nämlich ein schlankes, übersichtliches Angebot zu machen, dass sich einfach nutzen lässt, in dem die Dinge da sind, wo man sie vermutet, wo die Neigung zumindest des deutschen Nutzers, einfach nur runterscrollen zu müssen, konsequent bedient wird. Es ist im Grunde nicht mehr als das, was Google auch getan hat. Du willst suchen? Hier ist das Suchfeld. Du willst Nachrichten und Geschichten? Hier sind sie. Man kann zwar durchaus bedauern, dass Nachrichtenseiten in Deutschland inzwischen häufig so aussehen wie ein Klon von „Spiegel Online“, aber das funktioniert eben; besser jedenfalls als das ganze „Zeitung-im-Internet“-Gedöns, an dem sich schon ein paar die Finger verbrannt haben. Der „Tagesspiegel“ ist wieder reumütig zurück und bei der FAZ werden sie es schon auch noch lernen.

Jetzt die SZ also, deren Relaunch ohne großes Spektakel daherkommt. Das macht es aber gleichzeitig auch angenehm. Die Seite wirkt deutlich luftiger als ihre Vorgängerversionen, dazu trägt auch der entrümpelte Seitenkopf bei, der vorher ein bisschen wie ein Banner für ein Bestattungsinstitut aussah. Jetzt steht da nur noch „Süddeutsche.de“ und „Neueste Nachrichten“ und die Uhrzeit. So einfach sind die Dinge manchmal eben. Zuvor war da ein schwarzer Grabstein und viel unmotiviertes Grün und manchmal hat was geblinkt.

Es gibt nicht sehr viel zu mäkeln am Relaunch der SZ. Die Überschriften kommen immer noch etwas groß und klobig daher und beeinträchtigen das luftige Bild der Seite etwas. Farben für diverse Ressorts gefallen mir grundsätzlich gut, mit denen, für die sich die SZ entschieden hat, kann ich mich nur  bedingt anfreunden (aber das ist zugegeben geschmäcklerisch). Und ja, das neue „Digitalblog“ ist eigentlich kein Blog geworden bisher, sondern eher eine Ansammlung von Beiträgen, von denen man bisher kaum erahnen kann, warum da „Blog“ drüber steht.

Trotzdem, jetzt ist der Platz da, damit sie das können, was sie bei der SZ am besten können: gute Geschichten schreiben, mit witzigen Überschriften spielen, Themen setzen, kommentieren. Ich glaube, dass es keine Zeitung in Deutschland gibt, die dafür ein solches Potential hätte wie die SZ. Bisher haben sie das gut versteckt in Erkerchen und Türmchen, unter sinnbefreiten Klickstrecken und einer eher inkonsistenten Mischung aus irgendwas. Jetzt sieht das nach sehr ordentlichem Onlinejournalismus aus und das alleine ist ja auch schon was: Dass man jemals der SZ so etwas wie Konkurrenz- und Zukunftsfähigkeit in Sachen Internet attestieren könnte, hätte man sich vor einem Jahr auch noch nicht gedacht. Und dass mit den Farben und Schriften und den Blogs lernen sie auch noch in München, ganz sicher.

(Hinweis: sueddeutsche.de-Chefredakteur Stefan Plöchinger und jetzt.de-Redaktionsleiter Dirk von Gehlen haben jeweils ein Kapitel für „Universalcode“ geschrieben, mit beiden verbindet mich ein tendenziell sehr freundliches Verhältnis).

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. fst

    Farben für Ressorts? Sind mir noch nicht aufgefallen, was meinst Du damit?

  2. fst

    Okay, gefunden: Blau bei Bayern und München, eine Art Gelb bei den Themen Richtung Lifestyle. Nicht störend, finde ich (aber auch nicht richtig nützlich).

  3. cjakubetz

    Ist exakt das was ich meinte: kein bisschen störend, auch nicht nützlich, eine Bagatelle also.

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