Tour de Trance

Die 17. Etappe der Tour de France von Saint-Jean-de-Maurienne nach Morzine gewann der Amerikaner Floyd Landis (Phonak) mit 5:43 Minuten vor dem Spanier Carlos Sastre (CSC). Damit ist der Kampf um das Gelbe Trikot wieder eröffnet. Andreas Klöden (T-Mobile) und Oscar Pereiro Caisse d’Epargne-Illes Baleares bleiben ebenfalls noch im Rennen.

Ja, in der Tat. Spannend. Blöd nur, dass diese Meldung jetzt, am Samstag nachmittag da prangt, ungerührt seit zwei Tagen schon, und dass inzwischen auch radsportuninteressierte Mitmenschen wissen, dass Landis die Tour wohl gewinnen wird. Weil inzwischen nämlich schon zwei Tage vergangen sind und mithin das, was die Readers Edition auf ihrer Startseite bejubelt, ein so was von alter Hut ist, dass es völlig irrelevant ist, ob wir es hier mit Citizien Media oder sonstwas zu tun haben.

Ganz banale Erkenntnis also nach ein paar Wochen dieses grundsätzlich spannenden Projekts: Erstmal kommt es immer noch auf den Inhalt an. Bei aller halbideologischen Begeisterung für dieses Projekt ist mein Lesespaß dann doch enorm getrübt, wenn man mir alte Kamellen vorsetzt.

Was mir noch wichtiger erscheint: Man wolle den Dingen die Draufsicht des Non-Profit-Journalisten verleihen, man wolle die konkreten Auswirkungen politischer Beschlüsse auf die Menschen von denjenigen schildern lassen, die es tatsächlich betrifft – und nicht von im Elfenbein kauernden Journalisten. Von diesem selbst formulierten Anspruch ist die RE aktuell weit weg, sehr weit sogar. Ziemlich oft liest man dort  die klassischen Darstellungsformen des klassischen Journalismus, die man im Übrigen in diesem Zusammenhang wieder sehr zu schätzen lernt. Bis dahin ist das also eher langweilig. Wer jemals in einer Lokalredaktion einer Regionalzeitung gearbeitet hat, der weiß, wie es sich liest, wenn semiprofessionelle Berichterstatter zur Feder greifen. Das ist schon ganz ok, aber auf Dauer ersetzt der leidenschaftlich gerne schreibende Oberstudienrat dann eben doch nicht den Kister.

Aber keine Häme bitte, ich finde die Idee und den Mut für ein solches Projekt immer noch zu beachtlich, als dass ich den Stab drüber brechen würde, schon gar nicht nach so kurzer Zeit. Und als Journalist muss man der Netzeitung für dieses für jeden zu beobachtenden öffentlichen Feldversuch ja sehr dankbar sein. Man kann nur einige Schlüsse aus diesem Projekt ziehen – und einer davon heißt für mich: Gut gemeint ist noch nicht gut gemacht. Als Feldstudie besuche ich die RE weiterhin jeden Tag; als User wäre ich vermutlich schon wieder ziemlich weit weg. 

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