Ende der Debatte, jetzt zählt die Praxis

Die Kollegen von Medienlese machen sich seit geraumer Zeit immer wieder mal Gedanken darum, warum die Zahl der Verlinkungen auf Medienblogs in den letzten Monaten immer weiter zurück gegangen ist. Ende des Blog-Hypes? Grassierende Leseunlust?

Ich glaube gar nicht, dass man so weit gehen muss. Ich denke vielmehr, die Antwort ist einfacher: Die Fronten sind klar – und es ist alles gesagt, was zu sagen ist. Ganz persönlich hat es mich nicht einmal mehr in den Fingern gejuckt, als Willi Winkler am Samstag in der Wochenendbeilage der SZ quälend langatmig und fürchterlich elitär erklärte, warum die Zeitung als solche quasi unsterblich ist. Das scheint dort inzwischen Methode zu bekommen, aber substantiell Neues entnehme ich diesen Beiträgen nicht mehr, ob die jetzt von Graff oder Winkler stammen. Wenn es um Medien geht, sieht man bei der SZ ohnehin gerne nur das, was man sehen will, weswegen man auch vor kurzem behauptete, das Dschungelcamp sei von seiner Zuschauerstruktur her quasi klassisches Unterschichtenfernsehen, das den Armen und Doofen quasi zur Ruhigstellung gereicht wird. Entgegen aller Zahlen und Quoten – oder wie es mal so schön in einem bayerischen Polizeibericht zu einem Unfall mit Blechschaden hieß: In völliger Verkennung der Lage.

Mir fällt es zugegeben unendlich schwer, mich noch zu einem Beitrag aufzuraffen, wenn solche Nummern wie jene ominöse Debatte in Berlin abgehen, wo Blogger-Eliten wie Don Alphonso und Thomas Knüwer auf Journalisten-Eliten trafen und Akademiker und Herr Jörges vom Stern dauernd verkündete, über ganz viele Sachen doch erst gar nicht reden zu wollen.  Dessen Bild vom Netz beinhaltet, wie wir wissen, immer noch die Vorstellung, es handle sich hierbei in erster Linie um eine Kloake. Dass zudem mein eigener Berufsverband (DJV; ich bin dort Mitglied) und sein eigener Vorsitzender ein bizarres Verhältnis zum Thema Neue Medien pflegen, ist mir schmerzhaft bewusst. Aber darüber weiter aufregen? Nein. Das ist es nicht wert. Ich bin zwar immer noch Journalist (zugegeben: mit Borderliner-Potential wg. Vorliebe für Blogs und Blogger), möchte aber bitte nie im Leben so verbohrt enden wie viele meiner Kollegen. Schon alleine aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Ich mag mich nicht in ein paar Jahren aufs Abstellgleis schieben lassen und mich von jüngeren belächeln lassen, nach der Devise: Der redet auch immer nur von damals in den Ardennen…

Ich bin überzeugt, dass es unserer klassischen Medienstruktur sowhl inhaltlich wie ökonomisch schon lange feste an den Kragen geht. Zeitungs- (und auch: Rundfunk-)Leute, deren Argument ernsthaft ist, man investiere ja eh ins Netz und (uaa, Vorsicht, jetzt kommt der Langweiler schlechthin) ohnehin sei noch nie ein altes Medium von einem neuen verdrängt worden, langweilen mich inzwischen zu Tode.

Und deswegen, liebe Freunde von der Medienlese, kann ich zumindest für meinen Teil sagen, dass ich nicht weniger auf Medienblogs verlinke, weil ich sie irrelevant finde oder weniger zu schätzen weiß, im Gegenteil. Viele davon sind zu meiner unverzichtbaren Lektüre geworden. Ich mag es nur nicht sehr, alte Debatten immer wieder zu führen, noch dazu, wo man den Ausgang des Ganzen doch ohnehin absehen kann. Lasst die Graffs, Konkens, Jörges´und Winklers dieser Erde weiter in ihrem Kokon vor sich hin brüten, was zählt, das sind zumindest für mich schon lange nicht mehr die schwermütigen wie selbstgefälligen  „Ich-hab-mal-Journalismus-gelernt“- Überbleibsel der 68er, sondern das Hier, Heute und vor allem das Morgen in der Praxis.

Ende der Debatte. End of transmission.

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Ugugu

    Kann man so stehen lassen. Allerdings befürchte ich, die Zeitungen kommen jetzt erst so richtig in Schwung, obwohl die Debatte hier draussen längst abgehakt ist.

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