Das Fernsehen als solches

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:TV
  • Beitrags-Kommentare:0 Kommentare

Nein, hier kommt jetzt nicht die 37. Abhandlung der „Wutrede“ von MRR. Dazu ist alles gesagt. Viel spannender finde ich die Reaktionen derer, die Reich-Ranicki gescholten hat. Als „arrogant und überzogen“ bezeichnet Pro7Sat1-FreeTV-Chef Andreas Bartl die Kritik des Kritikers und befindet sich in trauter Eintracht mit der WDR-Intendantin. Wenn Private und Öffentlich-Rechtliche also sich einig sind, sollte man stutzig werden; dass aus dem gefeierten Gottschalk-Vorschlag einer Elefantenrunde nun doch nur ein Smalltalk zwischen Gottschalk und Reich-Ranicki wird, spricht Bände. Ein gerüttelt Maß an Kritikfähigkeit darf man weder von den Anstalten (der Name sagt eh alles…) noch den Privaten erwarten; schließlich heiligt der Zweck im TV nahezu alle Mittel.

Bitte bei dieser ganzen Debatte nicht vergessen: Man ließ bei dieser ominösen Langweilerveranstaltung namens Fernsehpreis Atze Schröder auf die Bühne, man zeichnete Veronika Ferres aus Proporzgründen aus, man erwählte ernsthaft „Deutschland sucht den Superstar“ zu besten Show, man ließ Lafer und Lichter und Lecker einen derart desolaten Auftritt hinlegen, dass man ihn hinterher lieber wieder herausschnitt. Kurz, die Branche feiert sich am liebsten selber, wirft in der Kategorien en passant „Switch reloaded“ und „Scheibenwischer“ zusammen (Scheibenwischer – eine „Comedy“??)  und das Einzige, was man Reich-Ranicki vorwerfen muss ist, dass es naiv ist zu glauben, es gehe bei einer solchen Veranstaltung ernsthaft um einen Qualitätsgedanken. Konsens und Proporz, das sind die entscheidenden Motive. Schade lediglich, dass dadurch wirklich herausragende Produktionen wie „Das Schweigen der Quandts“ ziemlich untergehen, wenn vorher Atze Schröder geflachsinnt hat.

Reich-Ranickis Auftritt also ist leider verkommen zu einem Quotenbringer; wüsste man es nicht besser, man würde dahinter einen wohlinszenierten Event einer Agentur vermuten. MRR als Trapattoni des Fernsehens, als ulkiger alter Mann mit putzigen Ausfällen. Und dass Monika Piel („Ich vermisse dort (bei den Privaten) diese Qualitätsdebatte. Wir führen sie ständig. Wenn er das erreicht hätte mit seinem Auftritt, dann wäre ich damit sehr einverstanden.“) allen Erntes meint, dass es neben dem Trivialen doch auch ganz hübsche Sachen im Fernsehen gibt und dass vor allem die Privaten mal in sich gehen sollten, weil sie beim besten Willen ARD und WDR nicht in der Kritik sehe, sagt viel über den Zustand des Fernsehens.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.