Liebe SPD…,

…ihr wollt jetzt also die Zeitungen retten. Weil auf dem Zeitungsmarkt eine Krise herscht. Das ist schon löblich und passt letztendlich auch zu euch und dem aktuellen Selbstverständnis deutscher Politik. Retten! Immer gut. Quelle, Opel, den Weltfrieden, jetzt die Zeitungen.

Eure Bestandsaufnahme des Zustands, in dem sich Zeitungen und Verlage aktuell befinden, ist schonunglos offen und erstaunlich treffend, man könnte als nototrischer Schlechtelauneverbreiter allerdings noch anmerken, dass sie Lichtjahre zu spät kommt. Sehr beeindruckt darf man von der Erkenntnis sein, dass die Zeitungen nicht nur in Schwierigkeiten, sondern in ernsten Schwierigkeiten stecken — und dass niemand ein Patentrezept habe. Soweit ist alles prima und ich hatte schon ernsthaft überlegt, ob ihr neben dem Onlinebeirat Sascha Lobo jetzt auch einen Zeitungsbeirat habt, so durchdacht klingt das alles. Danach aber wird es dann so ein kleines bisschen haarig, spätestens in dem Moment, in dem ihr feststellt:

Ein Verlust von Meinungs- und Angebotsvielfalt droht ebenso wie der Verlust von Qualitätsjournalismus.

Das droht, weil…ja, warum eigentlich? Weil es weniger Zeitungen geben wird, weil Informationen künftig viel mehr digital als analog verbreitet werden? Weil Qualitätsjournalismus, whatever this means, nur gedruckt stattfinden kann und die Qualität sofort um 25 Prozent weniger wird, weil sie durch Bildschirme merkwürdig reduziert wird?

Und ihr fordert: beispielsweise eine Stiftung, die investigativen Journalismus fördert, auf allen Ebenen, wie ihr betont. Das ist ganz besonders interessant, weil ihr zwar sowohl lokal als auch überregional Investigation fördern wollt, das aber anscheinend ausschließlich auf (Tages-)Zeitungen beschränkt seht. Das ist ja mal ein ulkiger Gedanke: investigative Journalisten für ein bestimmtes Medium zu fördern. Dabei, und das scheint ihr bei diesem dollen Antrag für den ordentlichen Bundesparteitag 2009 in Dresdner zu übersehen, fördert ihr einen Datenträger — und nicht etwa Journalismus. Das ist so, als wenn sich eine Initiative zur Förderung von Musik gründen würde, die es aber dann zur Bedingung macht, dass sie nur Musik fördert, die auf CD vertrieben wird. Oder ein Förderverein für Literatur, aber nur für auf Papier gedruckte Literatur. Das ist ziemlicher Unsinn — und es zeigt, dass ihr, wie viele andere auch, immer noch nicht begriffen habt, dass es nicht um die Zeitung geht, sondern um guten Journalismus. Wenn ihr euch für den einsetzen wollt, jederzeit gerne.

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