Die Rückkehr der analogen Ritter

Warum komme ich mir nur gerade so vor, als wolle das untergehende Imperium nochmal ein kleines bisschen zurückschlagen?

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Über den Herrn Schneider habe ich ja schon geschrieben, was ich angesichts der neuesten Ausführungen zum Thema „böse Blogger“ denke. Was ich dabei nicht geschrieben habe: Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass so entschiedene Blogger-Gegner wie Schneider und andere in erster Linie einfach nur ein wenig sauer darüber sind, dass ihr schönes Publizisten-Monopol so schnöde verschwunden ist. Und dass sie am liebsten eine Art Gegenreformation einleiten würde, in der alles nochmal auf Null gesetzt wird und nach der dann eben doch nur Journalisten und klassische Medien der Welt mitteilen dürfen, wie sie zu ticken hat. Man merkt es an jeder Zeile in diesem unsäglichen Meedia-Interview: Diese neue Welt ist vielen konservativen Journalisten restlos fremd, sie haben zu keiner Sekunde begriffen, um was es geht und wie diese neue Welt funktioniert. Schneider denkt allen Ernstes, Blogger schrieben aus Erwägungen wie dieser heraus, dass man „gelesen werden“ wolle. Und dass man deswegen einen ordentlichen (Schneider-)Stil schreiben müsse – ganz so, als würde bloggen nach Lehrbüchern funktionieren. Dabei ist es genau umgekehrt: Wer „Deutsch für Profis“ und die gefühlten anderen 400 Schneider-Bücher gelesen hat, schreibt danach vielleicht ein nach Schneider-Maßstäben anständiges Deutsch. Ein guter, lesenswerter, relevanter Blogger ist er deswegen noch lange nicht. Und ist es nicht gerade das, was Blogs und viele andere neue Medien und Darstellungsformen so spannend macht? Dass sie eben nicht nach Lehrbüchern funktionieren und dass man nicht erst von Schneider eingenordet werden muss, um ein relevanter Autor zu werden?

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Wenn ich an die Zeiten meines Volontariats zurückdenke (vor ca. 25 Jahren), dann erinnere ich mich in erster Linie an Vorschriften. Vor allem an solche, die nicht wirklich begründbar waren, sondern gerne so verargumentiert wurden: Das macht man eben so. Der Leser will das so (gerne auch: der Leser will das nicht). Ein Vorspann/Kommentar/Satz/Text/Seitenumbruch funktioniert eben so und so. Sonderlich kreativ fand ich meine ersten Redaktionen allesamt nicht, weil sie nach Lehrbüchern und Vorschriften und anderen vermeintlichen Regelwerken funktionierten. Meistgehörter Satz damals: Das haben wir noch nie gemacht. Dementsprechend präsentieren sich viele meiner damaligen Redaktionen heute. Erstarrt, verstaubt, irrelevant. Und manche eben verbittert, auf neue Medien, Blogger und anderes Gesocks schimpfend. Auf den Gedanken, dass sie an ihrer Dauerstagnation selbst schuld sind und dass sich viele Leser/Zuschauer auch deswegen von ihnen abgewendet haben, weil sie den Charme und den Esprit einer Krankenversicherung ausstrahlen, sind sie bis heute nicht gekommen. Internet, böses. Blogger, doofe.

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Und dann habe ich heute noch von einem mir bis dato völlig unbekannten Herrn namens Markus Reiter gelesen. Als ich sah, dass er sein Buch „Dumm 3.0“ genannt hat, dachte ich, dass es gut sein müsste, diesen Zustand auch weiterhin beizubehalten, weil mir „Dumm 3.0“ tatsächlich als die größtmögliche Flachheit bei der Titelwahl eines Buches vorkam, das sich irgendwie kritisch mit neuen Medien auseinandersetzt. Und dass der Herr in seinem Interview mit „Zeit online“ die Auffassung vertritt, dass man immer Publikum findet, wenn man sich denn nur ausreichend zum Affen mache, fand ich irgendwie bumerangartig: Man bekommt natürlich auch Publikum, wenn man ein Büchlein „Dumm 3.0“ nennt und eine nette, kleine Provokation absondert, die vielleicht den einen oder anderen noch ein bisschen aufregt. Es hätte also eine Reihe guter Gründe gegeben, sowohl Buch als auch Interview schulterzuckend liegenzulassen. Dann aber steckte mir jemand, dass ich in Reiters Buch in irgendeinem Nebensatz auch erwähnt werde (keine Ahnung, ob das stimmt), weswegen es sich dann was hatte mit einfach ignorieren. Immerhin weiß ich jetzt, dass er sich auf seiner Webseite als Referenz attestieren lässt, einer der profiliertesten Journalistentrainer Deutschlands zu sein. Und immerhin hatte er schon eine ganze Fernsehzeitschrift bei einem Relaunch unter seinen Fittichen. Wieder was gelernt. Man wundert sich dann nicht so sehr, dass er als Twitter-Alias „klardeutsch“ gewählt hat. Obwohl: Stünde dieser Alias nicht eigentlich viel eher Wolf Schneider zu?

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An sich ist das ja nicht verwunderlich. Es hat noch nie etwas Neues gegeben, was nicht erbitterte Reaktionen der Konservativen und der Bewahrer nach sich gezogen hätte. Bei den wirklich großen Umwälzungen war dann auch der Erregungspegel meistens deutlich höher, weswegen es ja auch gar nicht so sehr erstaunlich ist, wenn die Bewahrer momentan die schwerstmöglichen Geschütze auffahren und mindestens den kulturellen Untergang des Abendlandes wittern.

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Erstaunlich ist aber dann doch, mit welcher Vehemenz und Indifferenz die Lordsiegelbewahrer auf das Neue eindreschen. Indifferent vor allem, weil sie sich beharrlich weigern zu unterscheiden: zwischen den harmlosen Hausfrauen, die einfach ihr Leben mit ein paar Freundinnen teilen und quasi virtuellen Kaffeeklatsch betreiben. Und den vielen Schrottproduzenten, den Quatsch- und Wirrköpfen, den gefährlichen Agitatoren, dies es natürlich und unbestritten gibt. Und aber eben auch den ungemein vielen, deren tägliche Lektüre, ganz egal ob bei Twitter , bei Facebook oder in Blogs jeden Tag eine Bereicherung darstellt. Das sind übrigens sehr häufig (aber keineswegs immer) Journalisten, die es (ich nehme mich keineswegs aus) genießen, wenn sie fernab vieler Zwänge Neues ausprobieren können, einer Idee freien Lauf lassen, wann immer es ihnen danach ist – und einfach Dinge tun, die sie in den engen Grenzen des früheren Journalismus nicht tun konnten. Neue Freiheiten entdecke ich für mich übrigens nicht nur als Blogger/Autor, sondern auch als Konsument. Gäbe es das Netz nicht, hätte ich vermutlich nie etwas vom hinreißend schrägen Felix Schwenzel gelesen noch von den lustigen täglichen Schlittenfahrten und gelegentlichen Ausfälligkeiten von Don Alphonso. Beide würden vermutlich den Kopf schütteln, dass ich sie in meinen Lesezeichen habe, aber das ist eben die Freiheit, die mir nur das Netz gibt: Ich kann beide lesen, solange ich lustig bin. Und auch wenn´s auf den ersten und zweiten Blick kaum zusammenpasst, finde ich, dass beide (und viele andere) dann doch irgendwie mein Leben interessanter machen. Verdummt komme ich mir jedenfalls bisher nicht vor.

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Und was mit dem ganzen Mist, der jeden Tag getwittert, gefacebookt und gebloggt wird, mögen Sie einwenden. Pragmatisch nehmen, würde ich vorschlagen: Wenn man den ganzen Mist, der täglich an einem durchschnittlichen Zeitungskiosk rumliegt, ähnlich bewerten würde, müsste man vermutlich demnächst ein strenges Verbot von bedrucktem Papier erlassen. Würde man Fernsehen nur nach merkwürdigen Talkshows und platten Serien bewerten, müsste man alle Sendemasten abschalten. Natürlich gibt es „Süddeutsche“ und „Spiegel“, Arte und 3sat, es gibt aber auch „Bild“ und es gibt Lokalteile von Regionalzeitungen, die sich am Rande des Nonsens bewegen. Und es gibt 9Live und aberwitziges Lokalfernsehen. Würde man deswegen auf die generelle Behauptung kommen, Zeitungen und Fernsehen verdummten die Menschen?

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Überhaupt sei es mit der vielgerühmten Demokratisierung durch das Netz nicht so weit her wie es immer heiße, moniert Reiter weiter. Letztendlich seien es ja dann doch eben nur ein paar wenige, die ihren Input in „Wikipedia“ packen oder sich als Meinungsführer profilierten. Eine wenig überraschende Erkenntnis: Da kann der Herr Reiter jeden Tag einen Blick in ein durchschnittliches deutsches Klassenzimmer werfen – er entdeckt ein präzises Abbild jener Zustände, die er beklagt. Ein paar liefern richtig viel Input, ein paar nerven, die Masse schweigt. Hieße ihr Lehrer Markus Reiter, dürfte vermutlich die ganze Klasse nichts mehr sagen und nur noch er redet, er, der Lehrer.

Dieser Beitrag hat 24 Kommentare

  1. Rodekamp

    Lieber Kollege,
    es gibt schlechte Lokalteile von Regionalzeitungen. Es gibt aber auch ambitionierte und gute. Planen Sie mal eine differenzierte Würdigung?

  2. cjakubetz

    Gar keine Frage, dass es wirklich gute Lokalteile gibt. Das hier soll auch gar kein Lokaljournalistenbashing sein. Ich geb´s zu: In meinem unmittelbaren Umfeld kenne ich keine guten, aber das ist nicht repräsentativ. Freue mich aber über jeden Hinweis auf einen guten Lokalteil. Gerne auch zum „würdigen“…

  3. Rodekamp

    Nennen Sie eine E-Mail-Adresse (habe ich etwas übersehen?), dann schicke ich Ihnen gern ein paar Seiten, okay?

  4. Inge Seibel

    Lieber Christian,
    mir erging es ähnlich wie Dir: noch nie von Markus Reiter gehört. Das will er offensichtlich ändern, stört ihn doch nach eigenem Bekunden auf seinem Twitteraccount die Allgegenwärtigkeit von Niggemeier, Knüwer und Co…
    Solltest Du tatsächlich in einem Nebensatz erwähnt sein, verfahre doch einfach nach dem Sprichwort: „Was stört es die deutsche Eiche, wenn sich ein Wildschwein an ihr kratzt…“
    Mit seinem reißerisch gewählten Titel, der offensichtlich viele Vorurteile bedienen soll (eine Studie hat ja gerade belegt, die Deutschen fürchten in der Mehrheit das Internet) und der schon perfekt ins Rollen gebrachten PR-Maschine (siehe Interview vom Freitag bei zeit-online)ist mir das Buch samt Autor erst mal suspekt. Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen, zunächst aber sprechen die Kommentare unter dem Artikel in der Zeit erst mal Bände…

  5. cjakubetz

    @rodekamp: cjakubetz (ät) gmail (dot) com. Freu mich auf Post.

    @Inge:Erstaunlich fand ich auch, dass jemand, der Knüwer kritisieren will und den Verfall journalistischer Tugenden moniert, in seinen Tweets zunächst konsequent von „Knüber“ schreibt.

  6. Klaus Jarchow

    In einem seiner Artikel, wo er in seinem Feldzug gegen Thomas Knüwer das ‚Rückversicherungsmodell‘ aus den ABC-Kursen der Journalistenschulen verteidigte und dabei u.a. mich zitierte, habe ich mich in den Kommentaren auch schon mit dem Herrn Reiter herumgefetzt, indem ich ihm an Beispielen erläuterte, dass viele große Scoops des Journalismus eben nicht auf vorherigem Rückfragezwang und dem ‚audia et altera pars‘ basierten, und dass seine kühne Behauptung mir daher ziemlich realismusenthoben in den Wolken zu schweben scheint. Er erschien mir fast schon resistent gegenüber Argumenten …

  7. vera

    Früher hat man solche Leute einfach Spaßverderber genannt. Gute Sitte.

  8. pyrrhussieg

    Disclaimer: Ich bin befangen, weil ich Schneiders Bücher gelesen habe und die meisten meiner Worte vor sich hinschneidern.

    >> Diese neue Welt ist vielen konservativen
    >> Journalisten restlos fremd, sie haben zu keiner
    >> Sekunde begriffen, um was es geht und wie diese
    >> neue Welt funktioniert.

    Ist Schneider denn repräsentativ für alle konservativen Journalisten?

    Wäre es nicht schön, wenn es ein Buch/Blog „Deutsch für Blogger“ geben würde, das alle Blogger lesen und beherzen würden? 🙂

    2. Absatz: Vielleicht hätten sie seinerzeit auch einfach nur den Schneid haben müssen, die eigenen Sprachexperimente gegen die willen- und belanglosen Kollegen durchzuboxen.

    3. Absatz: „wenn man ein Büchlein „Dumm 3.0“ nennt“ -> das macht die Marketing-Abteilung, siehe auch:
    http://www.zeit.de/2009/42/DOS-Dick-und-doof

    Die letzten drei Absätze: Neil Postman hat 1985 auch behauptet, dass wir uns zu Tode amüsieren. Aber wir sind immer noch quicklebendig.

    Nach Postman sind dann auch viele andere auf diesen Zug aufgesprungen und haben das gleiche für jeweils andere neue Medien behauptet. Immer waren diese Apokalyktiker am Ende genauso belanglos wie der Gegenstand, den sie kritisierten. Wobei die Autoren belangloser wurden, je näher sie der aktuellen Zeit kamen.

  9. Gunther

    Mal ne blöde Frage: wenn es stimmt, dass nicht wenige der bekannten Blogs von Journalisten geschrieben werden (und ich stimme dem Eindruck zu), würde das dann nicht bedeuten, dass wir hier einen Kampf innerhalb der Zunft erleben? So nach dem Motto: alte Journalismusschule versus Neue, schreiben nach Regeln versus neue Ansätze etc.

    Wäre glaube ich mal interessant, die bisherige Diskussion nach diesem Gesichtspunkt zu analysieren.

  10. Guter Text. Doch beantwortet er die Frage, warum die Reiters und Schneiders dieser Welt sich plötzlich über das von den Hinz‘ und Kunz‘ der Welt im Web Veröffentliche so echauffieren, in meinen Augen nicht wirklich. Meiner Meinung nach geht es dabei um Macht und Geld. Wenn es keine Beckedahls und Lobos gäbe, die auf einmal mit den Politikern sprechen und keine Millionen von anderen Bloggern, die an Millionen Ecken ein bisschen was vom immer kleiner werdenden Werbegelderkuchen abknabbern würden, dann wären diese den Medien-Mächtigen und den von ihnen abhängigen ziemlich egal. Aber es geht hier plötzlich ums Geschäft und da ist es offensichtlich schnell Essig mit Spaßgesellschaft …

  11. FS

    Gerade dem „der Leser will das so / der Leser will das nicht“-Teil würde ich zustimmen. Das vorletzte Jahr habe ich (ohne vorher Volontär gewesen zu sein) in einer Redaktion verbracht – und am Anfang stand ein Kulturschock. Zu Beginn wurde fast jeder Text von mir zurückgeschickt wurde mit der Begründung „das macht man so nicht“ oder „das ist nicht journalistisch“. Am Ende entsprachen zwar alle meine Texte den geforderten Standards, waren aber ähnlich dröge wie dpa-Meldungen. Dass bei dem dogmenartigen Befolgen irgendwelcher heiligen Regeln Kreativität und Lebendigkeit der Sprache auf der Strecke blieben interessierte den Chefredakteur nicht. Es hieß immer: „das macht man eben so“.

  12. Harald P.

    Habe ich das richtig verstanden? Es gelten keine journalistischen Regeln mehr? Ist der Standard von Journalismus 3.0 nur, dass man schreibt, was einem in den Sinn kommt? Eine Berichterstattung von einem Ereignis, die einen Nicht- oder Wenig-Informierten erst mal auf den Stand der Dinge bringt, spielt offenbar schon keine Rolle mehr. Dabei bleibt das doch die erste, wichtige Stufe dessen, was als journalistisches Handwerk unabhängig vom Ausgabemedium einfach dazu gehört. Gegen die „Das-haben-wir-doch-noch-nie-gemacht“-Beharrer in den Redaktion lehnt sich nicht erst die Generation @ auf. Die Zustandsbeschreibungen von Redaktionen in einigen Kommentaren sind in ihrer Pauschalität so wenig hilfreich wie jedes andere Klischee. Ich kenne jedenfalls viele Redaktionen und Kollegen, die Neuerungen, Experimente und schräge Schreibe nicht nur zulassen, sondern auch fördern. Womit wir wieder beim Anfang und beim Haupttext dieses Forums wären: Es ist eine Ansammlung von Meinungen, (Vor)-Urteilen und Bewertungen, die nahezu komplett ohne Belege, Verweise und konkrete Beispiele auskommt. Entweder man glaubt dem Autor oder man glaubt ihm nicht – da kann ich ja gleich in die Kirche gehen. Und zuschlechterletzt: Dass Wolf Schneider, ehemals übrigens der oberste und fieseste Wallraff-Verfolger von Springer in der Zeit nach Hans Esser, als beurteilende Instanz moderner journalistischer Tendenzen eine glatte Fehlbesetzung ist, bedarf eigentlich keiner Erwähnung. Und dennoch: Seine Analysen sprachlicher Schlampereien und Ungenauigkeiten sind zeitlos und immer noch hilfreich, wenn es darum geht, eine der Grundlagen von Journalismus zu lernen: Knapp, klar und korrekt zu formulieren. Nur dann kann man verstanden werden – und das ist die Basis für alles andere.

  13. Bastian Nutzinger

    Sehr schöner Artikel. Gefällt mir gut.
    Ich habe zufällig gestern über ein sehr ähnliches Thema geschrieben, das Pferd allerdings von der anderen Seite aufgezäumt.
    Du schreibst, dass viele Redaktionen verstaubt daherkommen.
    Ich habe mal 7(+1) Punkte aufgeschrieben, die Zeitungen an ihrer Online-Präsenz verbessern müssen, damit die Seiten auch gerne gelesen werden.
    http://bastian.nutzinger.net/journal/zeitungen.html

    Grüße
    Bastian

  14. Martin

    Oh ja, der Herr Schneider! Ein Besserwisser im schlechtesten Sinne des Wortes. Übertroffen natürlich noch von Bastian Sick, aber das ist eine andere Geschichte. Nur kurz zweieinhalb Gedanken: Ich glaube auch, dass viele Blogs deshalb so interessant sind, weil sie eben nicht im Schneiderschen Sinne geschrieben werden, sie spiegeln die Persönlichkeit der Schreiber, nicht der Schneider wider. Und weil wir schon bei „spiegeln“ sind: Die Spiegel-Soße, die da über die einzelnen Artikel gegossen wird (vor allem im gedruckten), macht ihn für mich inzwischen zum ungenießbaren Etwas. Am meisten habe ich (ja, Journalist, der auch im Netz schreibt) mich wiedergefunden an der Stelle, in der es um den Spaß und die Ungezwungenheit geht, die man abseits von Redaktionszwängen und -gepflogenheiten hat. Natürlich ist es schöner, so zu schreiben, wie einem die Nase gewachsen ist. Und sei es auch über Techno.

  15. Michael Fengler

    Ich finde den Aufhänger für den Rundumschlag schlecht gewählt, weil ich das Interview, im Gegensatz zu Ihnen, als einen eher harmlosen „Schneider“ erlebt und seine Ausführungen zur Schreibqualität mit Aha-Effekt gelesen habe. Ich stimme ihren Ausführungen zu, wenn Sie davon schreiben, dass in Redaktionen meterhoher Sprach- und Standesstaub liegen kann, der alles Neue erstickt. Ich fand Schneiders Ausführungen zur Sprachqualität aber hilfreich und charmant vorgetragen, denn im gleichen Interview attestiert er den Bloggern auch, dass sie eben nicht schlechtere Texte schreiben, sondern über der Lust am Schreiben manchmal schlicht die Lesbarkeit vernachlässigen.Ein Problem, dass er aus den Zeitungen kennt. Er fordert doch sogar ein, Onlinetexte vor dem Hintergrund gewandelten Mediennutzungsverhaltens attraktiver zu machen, damit sie gelesen werden. Das kann ich nicht schlecht oder konservativ finden. Innovative Textgestaltung, Berichterstattungsformen oder Textversuche werden mit der Forderung nach gutem Handwerk, die sich hier auf verständliches, lesbares Deutsch beschränkt, nicht schlecht gemacht oder verhindert.

  16. Thomas

    „Würde man deswegen auf die generelle Behauptung kommen, Zeitungen und Fernsehen verdummten die Menschen?“
    Ja. Wer diesen Info-mix aus Klamauk, Halbwissen, Panikmache, PR und Propaganda der „Leitmedien“ über längere Zeit unreflektiert konsumiert, muss ja geradezu weich in der Birne werden.

  17. Ferrick

    Wer ist in der Lage und könnte jeweils in maximal zwei Sätzen treffend erklären, warum das Meedia-Interview als „unsäglich“ und das Buch „Dummheit 3.0“ von Markus Reiter vermutlich stellvertretend durch den ZEIT-Artikel belächelt wird?

  18. 1ng0

    jeden morgen druckt frau schneider
    tweets und blogeinträge aus
    die liest dann ihr wolf, doch leider
    kommt dem sprachpapst da der graus

    relevanz ist wohl ein fremdwort
    blogger, ihr seid alles schwätzer
    sprichts und wirft vor wut sein hemd fort
    wehe dem grammatikketzer!

    ihr wärt gerne selbstdarsteller
    die sich für unfehlbar halten?
    tut mir leid. auf diesem teller
    sitz schon ich beim haarespalten

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