Neue Steuer – neuer Rundfunk

Wenn man jemals mit diesem Monstrum mit dem irgendwie wunderbar deutschen Namen Gebühreneinzugszentrale zu tun hatte, könnte man die Nachricht von der Reform der Rundfunkgebühren erstmal richtig gut finden. Immerhin legt das nahe, dass man fortan keinen Besuch von aufdringlichen Schnüfflern mehr bekommt. Und auch die Aussicht, sich nicht mehr in jahrelange kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Monster begeben zu müssen, sorgt erst einmal für spontane Zustimmung. Immerhin, so denkt man sich mit  einiger Naivität, langweilen sich arbeiten da um die 1000 Leute und der ganze Wahnsinn kostet jedes Jahr hohe Millionenbeträge. Das Dumme ist nur: Der GEZ geht es gar nicht an den Kragen, sie wird als Einrichtung weiterbestehen.

Mit den neuen Rundfunksteuer müsste sich endlich aber auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk radikal ändern. Er müsste weg vom Kompromisslertum, von der schleichenden Boulevardisierung, von den Zugeständnissen an Kommerz und Quote. Konsequenterweise müsste er endlich werbefrei werden und die Schlupflöcher für verkappte Werbung nach 20 Uhr müssten endlich auch geschlossen werden. Solange jeder Tatort und jedes Fußballspiel von irgendwelchen Biermarken „präsentiert“ werden dürfen, ist die Behauptung, man sei nach 20 Uhr ja ohnehin werbefrei, ein bisschen albern.

Das würde Zuschauer, Marktanteile und Geld kosten, das ist richtig.  Dafür aber werden die öffentlich-rechtlichen Sender mit einem Betrag von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr ausgestattet. Das ist eine überaus üppige Ausstattung, die man dem Rundfunk schon alleine deswegen zubilligen möchte, weil man sich einen Rundfunk, der ausschließlich aus sich gegenseitig niederbrüllenden Jugendlichen, insolventen Plattenbaubewohnern und schlecht schauspielernden Richtern besteht, lieber erst nicht vorstellen möchte. Dass man es nur ein bisschen besser als die Privaten macht, kann aber nicht der Anspruch sein, den man an einen mit einer Zwangssteuer für alle subventionierten Rundfunk stellen möchte. Man würde eben auch gerne wissen, dass es dort einen qualitativen Mindestanspruch ging, der auch für das Thema „Unterhaltung“ gilt. Solange das ZDF am Sonntag abend Inga Lindström und Rosamunde Pilcher versendet, mit dem einzig erkennbaren Ziel eines hohen Marktanteils, solange ist die Milliarden-Subventionierung extrem angreifbar.

Angreifbar ist sie auch aus einem anderen Grund: Niemand würde ernsthaft einen Kahlschlag bei der Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordern. Aber schon auf einen ersten Blick erkennt man so viele Sparpotenziale, die alle umsetzbar wären, ohne die programmliche Qualität der Sender auch nur im Ansatz zu gefährden. Da mag man dann lieber erst gar nicht wissen, wie viele Potenziale es auf den zweiten Blick gäbe und schon erst recht nicht, was ein guter Controller so alles entdecken würde. Wenn ich an meine Zeit im ansonsten geschätzten ZDF denke: grundgütiger Himmel, was dort alleine an Effizienz durch völlig wahnwitzigen Papier- und Verwaltungskram verschenkt wurde. Man greift also, wenn man die öffentlich-rechtlichen zur Kosteneinsparung auffordert, keineswegs journalistische und inhaltliche Substanz an. Es würde fürs Erste ja schon reichen, würde man ein paar Verwaltungshengste weniger in den Ställen halten. Und ob nun wirklich jede ARD-Anstalt etliche einige Rundfunkwellen und manche auch noch Orchester benötigen, darf man  in Frage stellen. Ich schätze den BR ja sehr, aber ich glaube, ich würde ihn genauso schätzen, wenn es neben dem obligatorischen Bayerischen Fernsehen nicht auch noch das weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit sendende BR-Alpha und das Rundfunkorchester und eine eigene Klassikwelle gäbe.

Auch das Thema Internet müsste demnach nochmal überdacht werden. Die Haushaltsabgabe wird ja u.a. damit begründet, dass Fernsehen und Radio inzwischen auch konsumiert werden können, ohne das man im Besitze eines Fernsehers oder Radios sein müsste. Was richtig ist, aber eben auch bedeutet, dass die Inhalte dann gleichwertig auf den anderen Geräten, für die die Gebühr ausdrücklich miterhoben wird, zur Verfügung gestellt werden. Und das eben nicht nur sieben Tage lang.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Richard Gutjahr

    Als (freier) Mitarbeiter des BR möchte mich diesem Plädoyer grundsätzlich anschließen und v.a. den letzten Gedanken nachhaltig unterstreichen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk versteht die Neuen Medien noch immer bestenfalls als ’nice to have‘, hat die Möglichkeiten, die es auch schon VOR dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag (noch so ein Wort-Monster) gab, nie ausgeschöpft. Im Grunde war das Internet eher lästig. Die 7-Tage-Regel, genau so wie der ganze 3-Stufen-Blödsinn ist nichts weiter als ein polit. Feigenblatt, um sich vor den eigentlichen Fragen zu drücken: Wo beginnen die öffentlich-rechtlichen Aufgaben und wo hören sie auf. Wenn ein Tatort öffentlich-rechtlich gewollt ist, dann muss der, genauso wie eine spannende polit. Dokumentation auch online verfügbar sein. In voller Länge und für alle Zeit, egal ob für den TV-Bildschirm oder auf dem Handy. Das öff. rechtl. Archiv ist, wenn man so will, nichts anderes als eine öffentliche Bibliothek, denn sie wurde vom Volk bezahlt. Wer käme auf die Idee, Bücher in der Staatsbibliothek nach 7 Tagen wegzusperren, nur weil nebenan in der Bücherei oder bei Amazon ähnliche Bücher zu kaufen gibt?

  2. Frederik Birghan

    Als vormaliger Hardcore-Fanatic des öffentlich-rechtlichen Systems kann ich obige Analyse und Kritik heute nur teilen. Mit der Änderung der Gebührenabgabe und ihrer Grundlage (für jeden Haushalt, alle Geräte inklusive) wird das System auch wieder die Berechtigung für ihre Internet- und mobilen Aktivitäten entdecken, wetten?

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