Jahresrückblick 2013: Und Kai Diekmann ist Bettina Wulff

Treue Leser dieses Blogs (gibt´s sowas überhaupt?) wissen das: Jedes Jahr zwischen den Jahren schauen wir auf das kommende Jahr. Jahresrückblicke für das zurückliegende Jahr kann ja schließlich jeder. 2013 jedenfalls, so viel ist sicher, wird nochmal das große Jahr alter Männer, alter Medien und spektakulärer Enthüllungen…

Januar: Frank Schirrmacher enthüllt in einem Aufsatz in der FAS Ungeheuerliches. Sascha Lobo, Thomas Knüwer und Christian Jakubetz existieren demnach gar nicht und sind  nur virtuelle Figuren, erfunden und betrieben von einem joint-venture namens „Goopple“ zwischen Google und Apple. Die drei gründen daraufhin die virtuelle Social-Media-Beratungsagentur „Die Roboter“, deren Geschäftsmodell aus billigen Tipps, dem Nicht-Herausgeben von Büchern, sinnlosen Blogs und einem Friseurladen besteht. Schirrmacher enthüllt weiter, dass keiner der drei jemals auch nur eine halbschwarze Null geschrieben habe. Auf ihrem Firmensitz auf Mauritius erreicht das Trio die Ausgabe allerdings erst zwei Wochen später am Strand. Eine mögliche Reaktion ist auch deswegen nicht mehr realisierbar, weil Medien-Deutschland über das neue Buch von Wolf Schneider „Wie Blogger die deutsche Sprache ruinieren“ debattiert. Das Buch stellt Schneider bei seinem letzten Auftritt als Journalist vor. In einem Interview sagt er, einen wie ihn werde es nie wieder geben.

Februar: Wolf Schneider stellt bei seinem letzten Auftritt als Sprachkritiker sein neues Buch „Mich wird´s nie wieder geben“ vor.  In einem eigenen Kapitel beschreibt Schneider zudem, warum Blogger erst recht nicht für seine Nachfolge in Frage kommen. Beim ZDF wird unterdessen bekannt, dass Markus Lanz die Moderation von „Wetten, dass…“ wieder abgeben soll. Lanz erhält stattdessen die Samstag-Abend-Show „Wow, tierisch!“, die ein innovatives Konzept verfolgt. Inhalte und Spiele gibt es nicht, als einziger Studiogast ist Markus Lanz zu Besuch bei Markus Lanz. Sieger ist, wer es innerhalb von dreieinhalb Stunden schafft, am häufigsten die Begriffe „wow“ und „tierisch“ zu verwenden. ZDF-Intendant Thomas Bellut nennt das neue Format „Teil unserer Qualitäts-, Unterhaltungs- und Verjüngungsoffensive“.

März: Das neue Buch von Wolf Schneider „Wie Blogger unser Land verblöden“ sorgt für Gesprächsstoff. In seinem letzten Auftritt als Chefredakteur verweist Schneider darauf, dass auch zahlreiche junge Journalisten die Auffassung vertreten, einen wie Schneider werde es so schnell nicht mehr geben. Zusätzliche Brisanz erhält Schneiders Auftritt durch die Anwesenheit seines Vorwortschreibers Frank Schirrmacher, der spontan noch einige Passagen aus seinem viel diskutierten Essay „Hatte Christian Wulff doch recht?“ vorliest.  Unterdessen bekommt bei Facebook ein Eintrag von Konstantin NevenDuMont die meisten Likes der Facebook-Geschichte. Der eigenwillige Rheinländer hatte geschrieben, seine Hausente habe Schluckauf.

April: Beim ZDF klärt sich die Nachfolge-Frage für Markus Lanz bei „Wetten, dass…“. Überraschend soll Richard Gutjahr die Sendung übernehmen, die künftig „Twitter, dass…“ heißen soll, nur noch auf einem Second Screen gesendet wird und die Studiokameras durch iPhones ersetzt.  Bei seinem letzten Auftritt als „Ich“ stellt Wolf Schneider sein neues Buch „Ich“ vor. Im Pressetext zum Buch heißt es, Schneider trete in diesem Buch eindrucksvoll den Beweis an, warum es einen wie ihn so schnell nicht mehr geben werde. Zu beträchtlichem Ärger kommt es in diesem Zusammenhang allerdings mit Frank Schirrmacher, dem Schneider vorwirft, bei seinem Buch „Ich. Warum ich doch recht hatte.“ von Schneiders Idee abgekupfert zu haben.

Mai: Konstantin Neven DuMont veröffentlicht ein neues Buch mit dem Titel „Ich“. Es wird von der FAS und von Wolf Schneider (bei dessen letztem Auftritt als Ex-Chefredakteur) verrissen. Richard Gutjahrs erste Ausgabe von „Twitter, dass…“ wird von 23 Zuschauern im TV gesehen, rund 12 Millionen sind via Stream dabei. Für Begeisterung sorgt auch der neue Co-Moderator „Sascha aus Marzahn“. Stargast Tom Hanks stellt nach seiner Rückkehr in die USA allerdings leicht pikiert fest, dies sei die erste TV-Sendung, in der ein Gast dreieinhalb Stunden nicht zu Wort kommt, weil ausschließlich der Co-Moderator redet. Hanks spricht sich für eine Rückkehr von Markus Lanz aus, dem er aus dem USA ein herzliches „Wow, du bist so tierisch!“ entgegen ruft.

Juni: Sascha Lobos neues Buch „Warum ich und meine Frisur einzigartig sind“ stürmt die Charts und ladet hinter „Ich“, „Ich“ und „Ich“ (Autoren: Schneider, Schirrmacher und Neven DuMont) sofort auf Platz 4. In einem Streitgespräch mit Wolf Schneider bei dessen letzten Auftritt als Talkmaster pocht Lobo zudem darauf, dass es einen wie ihn so schnell wohl nicht mehr geben wird.

Juli: In der Sommer-Ausgabe des ehemaligen „Wetten, dass…“ sorgt eine spektakuläre Wette für Aufsehen. 20 Zeitungsmenschen wollen beweisen, dass es auch heute noch möglich ist, eine Zeitung zu drucken und sie mit Inhalten zu versehen, die nicht älter als eine Woche sind. Die aus dem FAZ-Museum in Frankfurt übertragene Außenwette sorgt für Heiterkeit, als Kinder staunend fragen, was eine Zeitung eigentlich sei.

August: Die ARD teilt mit, dass die bisherigen fünf Talkshows endlich und endgültig eingestellt werden. Gerüchte, dass sie durch einen täglichen Talk namens „Tierisch!“ mit Markus Lanz ersetzt werden, bewahrheiten sich nicht. Auch Wolf Schneider kommt nicht zum Zuge, obwohl er in seinem letzten Auftritt als Wolf unterstreicht, Verehrer und Freunde in allen Altersklassen zu haben und mutmaßlich einmalig zu sein. Unterdessen sendet RTL den ersten Jahresrückblick 2013, die anderen Sender ziehen schnell nach, Fortan, so beschließen die Chefredaktionen, soll es nach den Sommerferien keine Jahresrückblicke mehr geben.

September: Kurioses aus der Abteilung Technik: Apple stellt zeitgleich das iPad Mini 5 und das iPhone 8 vor. Journalisten bejubeln insbesondere den gelungenen Marketing-Coup, erstmals ein Handy größer als ein Tablet zu machen. In einem langen Aufsatz für die FAS schreibt Frank Schirrmacher gemeinsam mit Sara Wagenknecht über das Paradoxon, dass Apple mit einer simplen Maßeverschiebung von Geräten der kapitalistischen Weltherrschaft wieder ein Stück näher gekommen ist. Gemeinsam fordern die Autoren, man brauche ein gemeinsames, europäisches, von den Zeitungsverlagen entwickeltes Smartphone zu Einheitspreisen.

Oktober: Pünktlich zum Tag der Deutschen Einheit treten die deutschen Zeitungsverlage mit einem spektakulären Rettungsplan auf. Das Zeitungssterben wird beendet, fortan gibt es nur noch die Deutsche Einheitszeitung, die leistungsrechtgeschützt künftig an alle Haushalte verteilt wird; die Auflage der deutschen Tageszeitungen steigt damit auf einen noch nie da gewesenen Wert. Die Abogebühren werden von der neugegründeten „Beitragsservice für ARD, ZDF, Deutschlandfunk und deutsche Tageszeitungen“ erhoben. Chefredakteure des neuen Massenblatts „Allgemeine Bildbuntzeitung“ werden Frank Schirrmacher und Kai Diekmann, was Wolf Schneider bei seinem letzten Auftritt als Zeitungsmann zu scharfer Kritik bewegt. Er, Schneider, nehme es mit diesen Jungspunden noch leicht auf, sagt er. Daneben sei der Umgang der beiden Nachwuchskräfte mit der deutschen Sprache eher fragwürdig.

November: Bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wird die Einrichtung von Arbeitsgruppen zur Debatte über mögliche Ursachen einer potentiellen Überalterung des Publikums für das Jahr 2021 in Erwägung gezogen. Das allerdings zieht einige heftige Debatten nach sich. Das ZDF warnt vor hektischem Aktionismus, der MDR befürchtet, auch die öffentlich-rechtlichen Sender gäben womöglich dem grassierenden Jugendwahn nach.  Am Ende einigt man sich auf die Zielvorgabe, bis 2021 das Durchschnittsalter der Zuschauer nicht auf über 78 steigen lassen zu wollen; im Gegenzug hebt man das Mindestalter der Mitarbeiter auf 50 an. Zudem fordern die Sender ein Leistungsschutzrecht, das insbesondere YouTube betreffen soll. Der inzwischen erfolgreichste deutsche TV-Sender will dies mit der Begründung ablehnen, es könnten nicht alle Wünsche kleiner Spartensender berücksichtigt werden.

Dezember: Thomas Knüwer, Sascha Lobo und Christian Jakubetz schlagen zurück. In einem Aufsehen erregenden Scoop enthüllen sie, dass Frank Schirrmacher in Wirklichkeit Wolf Schneider ist. In seinem letzten Auftritt als Schneider räumt Schneider ein, in Wirklichkeit Kai Diekmann zu sein.

Und Kai Diekmann ist Bettina Wulff.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Irene

    Januar 2014: Helmut Berger, Autor der Autobiografie „Ich“, erhält weit über 70.000 Euro von DuMont, Schneider und Schirrmacher. Anschließend erlebt das Dschungelcamp seine erste Legitimationskrise. Das Feuilleton der FAZ stellt erstmals den Titelschutz in Frage.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.