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KI: Von Monica zur Super-Intelligenz

Technologie ist nicht einfach nur Handwerkszeug, sondern ändert unsere Berufsbilder. So ist das auch bei der KI.

Die ersten paar Jahre meines Berufslebens hatte ich eine innige Beziehung zu Monica. Ein Leben ohne sie wäre kaum möglich gewesen. Nein, keine Sorge: Jetzt kommen keine Bekenntnisse eines alternden Mannes oder eine sentimentale Rückschau auf verflossene Zeiten. Monica hieß meine Schreibmaschine, auf der ich die ersten Jahre meines Lebens meine Texte hämmerte (man musste auf diese Tastaturen wirklich einhämmern, was ich mir leider bis heute nicht abgewöhnt habe).

Mein Job als Redakteur war damals also vergleichsweise simpel: Texte schreiben. Wie daraus dann später eine Zeitung wurde, war für mich nur noch eingeschränkt relevant, weil nicht mehr mein Zuständigkeitsbereich. Das änderte sich massiv, als der „Ganzseitenumbruch“ (die älteren erinnern sich) eingeführt wurde. Plötzlich gehörte es natürlich zu meinem Job, die Zeitung nicht nur mehr oder weniger vollzuschreiben, sondern sie buchstäblich zu produzieren.

Und noch einmal ganz anders wurde der Job, als dieses Internet kam. Und dann das iPhone, mit dem ich plötzlich ein supermultimediales und mobiles Arbeitsgerät in der Hand hatte. Nicht, dass mir das alles damals schon klar gewesen wäre. Aber zwei, drei Technologien nach „Monica“ musste ich dann feststellen, dass sich mein Beruf ganz schön verändert hatte. Kein Jammern darüber, so ist das nun mal. Die Welt ändert sich und Berufe auch. Und damit ist dann auch endlich mal die Gelegenheit, ein Zitat des großen Mick Jagger in einem Text unterzubringen:

Die Vergangenheit ist ein großartiger Ort, und ich möchte sie nicht auslöschen oder bedauern, aber ich möchte auch nicht ihr Gefangener sein!  

Technologie ändert unsere Rolle – nicht nur das Handwerk

Nachdem jetzt endlich auch Jagger seinen Platz in diesem Text gefunden hat, jetzt mal wieder im Ernst und auf den Job bezogen: Diese ganzen Technologiesprünge, von der Schreibmaschine über den ersten PC bis zum Smartphone, die haben ja nicht einfach nur neues Handwerkszeug hervorgebracht, sondern unsere Rollen verändert, unsere Arbeit neu definiert. Aus dem reinen Schreiber wurde auch der Layouter und Konzepter, aus dem Texter der Filmer, aus dem im stillen Kämmerlein vor sich hin schreibenden Herrn Redakteur der Typ, der sich abends bei Twitter noch mit Usern unterhielt (selige Zeiten, das!).  Kurzum: Mit dem Handwerk und der Technologie haben sich immer auch die Rollen geändert. Das, was ich in meinem Volontariat 1986 gelernt habe, würde mir, hätte man mich mit einer Zeitmaschine sofort nach 2024 gebeamt, heute ganz und gar nichts nutzen. Vom fehlenden Handwerkszeug abgesehen hätte ich nämlich auch ein völlig unbrauchbares Verständnis von meinem Job gehabt. Wenig überraschend: Früher oder später hat man uns gesagt, dass es an der Zeit ist, unseren Job, unsere Funktion und unsere Rollen zu überdenken. Bei jeder neuen Technologie, bei jeder … (ich würde jetzt Zeitenwende schreiben, wenn nicht der Herr Scholz den Begriff komplett ruiniert hätte). Vermutlich ist es heute wieder so weit: Wir müssen unsere Jobs neu denken. Weil mit KI mal wieder so ein Gamechanger vor der Tür steht (bevor Sie sich beschweren, ich komme aus der Schreibmaschinen-Steinzeit, das ist jetzt der ichweißnichtwievielte Umbruch in meinem Leben. Man kann das aber überleben).  

„Will ich nicht“ ist kein gutes Argument

Die gängigen Meinungen zum Thema KI in unserer Branche sind meistens ein wenig arg eindimensional.  Die einen sagen: Hab ChatGPT ausprobiert, das ist gar nicht so toll – brauchen wir nicht! (vgl. hierzu auch „Das Internet wird sich nicht durchsetzen“, ca. 2008, Deutschland). Die anderen sehen das radikal anders, fabulieren von verschwindenden Arbeitsplätzen und davon, dass KI so ungefähr alle Inhalte besser erstellen kann als Menschen (vgl. hierzu auch „Künftig wird das Netz nur noch aus Blogs bestehen, alle werden bloggen“, ca. 2008, Deutschland). Heute wissen wir zumindest schon mal, dass das Internet nicht mehr weggehen wird, obwohl nicht davon die Rede sein kann, dass die Welt nur noch aus Bloggern besteht. Ähnlich wird das bis auf Weiteres mit der KI sein.  Weder ist KI so doof, wie es die üblichen Verweigerer gerne behaupten, noch radiert sie alle nur denkbaren Jobs aus. Was stattdessen passieren wird: kreative Zerstörung, die alte Schumpeter-Geschichte (schön, dass man auch das nach vielen Jahren wieder hervorkramen kann). Also, fangen wir erst mal mit dem zweiten Teil des Begriffs an, mit der Zerstörung:

  • Niemand benötigt mehr journalistische Routinen. Polizeiberichte oder Pressemitteilungen zu Personalia beliebiger Art kann inzwischen jede mäßig trainierte KI schneller schreiben als ein noch so schneller Texter. Das gilt auch für Verkehrsmeldungen, Generalversammlungen und Kreisliga-Spielberichte. Und eigentlich müsste jetzt in etlichen (Lokal-)Redaktionen ein entzücktes Jubilieren zu hören sein.

  • Multimediale Inhalte müssen nicht mehr zwingend von Spezialisten gemacht werden. Videosequenzen, Social-Media-Reels, Storys, Podcasts, all das kann man inzwischen zumindest teilweise schon einigermaßen gut mit KI machen, ohne dass man jemals Videoschnitt oder Podcast-Produktion gelernt hat.

  • Das Konfigurieren eines Inhalts für verschiedene Plattformen kann eine KI schneller und zuverlässiger als jeder Redakteur.

 Der Begriff „Kreative Zerstörung“ beinhaltet aber auch einen zweiten Teil: Kreativität. In diesem Fall trifft das in des Wortes Sinne zu.  Weil der Wegfall von Routinen Platz für eigene Kreativität schaffen kann. Weil uns ein gutes Handwerkszeug viel mehr Möglichkeiten an die Hand gibt (vgl. hierzu PC statt Schreibmaschine, Deutschland ca. 1988.) Zeit also, (mal wieder) über unsere künftigen Rollen nachzudenken. Und darüber, welche Kernkompetenzen man mitbringen muss, wenn man im gerade beginnenden KI-Zeitalter seinen Job gut machen will. Was ist, was kommt, was geht? Folgende Kompetenzen sind essenziell:

  • Technologisches Verständnis: Ein fundiertes Verständnis für KI und deren Anwendungen in der Medienlandschaft ermöglicht es, Technologien effektiv zu nutzen. Einfacher gesagt: Wer KI nicht versteht, kann nicht mit ihr arbeiten.

  • Fakten checken: Trotz der Automatisierung durch KI bleibt der Faktencheck unvermeidbar. Mehr denn je müssen wir das prüfen, was uns eine Maschine als richtig verkaufen will.

  • Kreativität: KI kann viele Aufgaben übernehmen, doch die Kreation wirklich individueller Inhalte erfordert menschliche Kreativität. Die Fähigkeit, komplexe Themen zugänglich und interessant zu gestalten, unterscheidet den Menschen von der Maschine. Und: Stil ist einzigartig (zumindest sollte er das sein). Noch mal anders gesagt: Alles, was über die Routine hinausgeht, sollten wir besser selbst machen.

 Es ist also an sich ganz einfach: Ich muss mir die Maschine zunutze machen und um das zu können, muss ich sie beherrschen. Um noch mal auf die Uralt-Geschichte von Schreibmaschine Monica und dem PC zurückzukommen: Ein solcher Computer hat dir damals (wie heute) keinen einzigen Vorteil gebracht, wenn du nicht damit umgehen kannst. Daraus zu schließen, dass es besser wäre, weiter mit der Schreibmaschine zu arbeiten, wäre etwas einfältig. Natürlich war der PC gegenüber der Monica ein Quantensprung. So wie KI jetzt der nächste Quantensprung ist und sicher nicht der Letzte bleiben wird.

Einfache Schlussfolgerung also: Fang an, dich mit dem Zeug zu beschäftigen. Besser gestern als heute. Weil du sonst ziemlich schnell im Museum landen wirst. Ach ja, falls du sie dort siehst: Grüß Monica von mir!

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