Ehrlich gesagt: So richtig schlau werde ich aus Akademikern nicht. Erst vor kurzem hat sich einer von ihnen in einer Rezension meines Crossmedia-Buchs ziemlich darüber echauffiert, dass das Buch so praxisbezogen und wenig theorielastig sei. Sein Fazit: „Für den Einsatz in der Lehre nicht empfehlenswert.“ Ein Ausrutscher, dachte ich damals. Nun aber kommt Prof. Lars Rinsdorf von der Hochschule der Medien in Stuttgart und bemängelt, das Buch biete zwar reichlich praktische Anleitung, aber so gut wie keine Theorie. Erstaunliche Feststellung, das: Das Buch erschien in einer Reihe, die mit „Praktischer Journalismus“ betitelt ist. Und nachdem man in vielen Veranstaltungen und Seminaren auf Journalisten stößt, die sich beklagen, dass es zum Thema crossmediales Arbeiten zwar sehr viele Theorien, aber wenige praktische Handreichungen gibt, dachte ich mir, es wäre vielleicht eine Idee, ein paar praktische Handreichungen zu geben. Medienwissenschaft sollen andere machen.
Das wäre vielleicht noch gar nicht so dramatisch, wenn es nicht schon das zweite Mal wäre, dass sich Akademiker beschweren, dass a. das Buch zu wenig theoretische Ansätze biete und b. die Rolle der hochschulgebundenen Ausbildung auf ungefähr null reduziert würde (übrigens, absichtlich – keineswegs irgendwie vergessen). Die Gründe dafür sind einfach. Lehren im akademischen Sinne kann man das, was momentan passiert, so gut wie überhaupt nicht. Was man hingegen machen kann (und sollte): Sich das hier zu Herzen nehmen, ein paar Software-Downloads anwerfen und dann Dinge ausprobieren, auch auf die Gefahr hin, dass die trials mit einigen errors versehen sein werden. So etwas ist verbindlich kein Stoff für akademische Lehre; ich glaube auch beim besten Willen nicht, dass jemand, der ernsthaft Kreatives für die Entwicklung dieser tatsächlich sehr neuen Medien beitragen will, an einem Ort wie einer Hochschule sehr gut aufgehoben sind. Ein Labor ist eben kein Hörsaal. Das Genöle wegen fehlender Literaturverzeichnissebestätigt mich eher in der Auffassung, dass die akademische Debatte und die tatsächlichen praktischen Entwicklungen im digitalen Journalismus zwei Welten sind – die nicht wirklich viel miteinander zu tun haben.
Und deswegen bleibe ich dabei: Wer digitalen Journalismus lernen will, muss es in der Praxis tun, ein wenig autodidaktische Neigungen haben und sich vor allem darüber im Klaren sein, dass es relevante Lehrsätze dazu weitgehend noch gar nicht gibt und er deswegen bestenfalls gerade dabei ist, selber einen solchen Lehrsatz mitzugestalten.
Meine Güte, eine gut begründete Meinung als „Ausrutscher“ abzutun – dazu bedarf es schon einer gehörigen Portion Arroganz.
Kann sein, das mit der Arroganz. Seine Identität nicht preiszugeben, ist jetzt aber auch nicht so wirklich prickelnd.