Online worst (21) – und ein paar grundsätzliche Anmerkungen

“Christbaum am Stadtplatzm abgefackelt. (…) Licherloh brannte die stattlliche Fichte vor dem Alten Rathaus. (…) Die Kriminaslpolizei nahm die Ermitlungen auf. (…) ” (via Kommentare)

Man muss das erstmal fertigbringen: In einer Meldung von sechs Zeilen finden sich vier Schlampigkeitsfehler und zudem eine falsche Bezeichnung der eigenen berichtenden Lokalausgabe (für Nichtbayern: dass ein Christbaumbrand in Deggendorf in der Lokalausgabe Altötting Erwähnung findet, ist ziemlich unwahrscheinlich). Man mag es pingelig finden, insbesondere von jemanden wie mir, der auf dieser kleinen Seite eine beträchtliche Quote von Tippfehlern reinhaut, aber bei Meldungen wie diesen geht es nicht um die kleinen und vermutlich alltäglichen Schusseleien des Arbeitslebens. Hier geht es um den elenden Stellenwert, den Verlagshäuser häufig ihren Onlineangeboten zumessen (und das ist sicher kein Passauer Phänomen). Letztlich zeigt es, wie hoffnungslos egal vielen Zeitungshäusern ihre Webseiten sind.

Ich fürchte ernsthaft, dass dies einer ziemlich merkwürdigen verinnerlichten Haltung geschuldet ist: dass man nämlich glaubt, der Leser habe für Onlinejournalismus nicht den gleichen Anspruch auf eine gewisse Form von Qualität (und wenn es nur Meldungen sind, die weitgehend in korrekter Rechtschreibung verfasst sind). Weil das, was man da anbietet, ja nichts kostet. Weil es ja nicht „die Zeitung“, sondern eben nur Internet ist. Man kann sich zwar nur schwerlich vorstellen, dass es solche Gedanken gibt, aber wenn ich etliche Gespräche mit Zeitungsleuten Revue passieren lasse, denke ich mir: doch, das gibt es. Zumal ich, im Umkehrschluss, ziemlich sicher weiß, dass im gleichen Haus Redakteure der Printausgabe für weitaus harmlosere Tippfehler schriftliche Abmahnungen kassiert haben oder versetzt wurden. Der Kahlschlag in der Passauer Stadtredaktion ist dafür nur ein kleiner Beleg. Was hätte man eigentlich mit der Truppe angestellt, wenn sie ähnlich ulkig über brennende Christbäume berichtet hätte? Online zählt das alles nicht, zumindest nicht in den Köpfen von Zeitungsmenschen.

Nun darf ja jeder strategisch und finanziell entscheiden, was er mag. Und wenn jemand es für richtig hält, in seine Onlineaktivitäten weder Geld noch ein paar Stunden halbwegs angestrengten Nachdenkens zu investieren, auch recht. Völlig unklar ist aber, warum sich dann diejenigen, die sich dafür entscheiden, Onlinejournalismus schlichtweg nicht stattfinden zu lassen, darüber wundern, dass man ihren Online-„Journalismus“ nicht beachtet, nicht ernst nimmt – und dass sich mit dieser Form des Publizierens letztendlich auch kein Geld verdienen lässt.

Ob jemand in der PNP´s dieser Welt auch schon mal darüber nachgedacht hat, dass möglicherweise ja auch ein Umkehrschluss möglich ist? Dass ein junger Leser, der sich erstmal online an Medien herantastet und seine ersten Kontakte mit der Zeitung gar nicht gedruckt, sondern auf dem Schirm hat, keine sonderliche Lust verspürt, die offensichtlich vorhandene journalistische Lustlosigkeit jetzt auch noch gedruckt zu lesen? Dass er also möglicherweise sein eher nicht so gutes Bild, dass er von der Onlineausgabe hat, gleich auf die gedruckte Variante mit überträgt? Damit wird man in Zukunft allerdings rechnen müssen: der Weg führt nicht nur von A nach B, sondern auch von B nach A. Funktioniert allerdings nur, wenn man bei B wenigstens halbwegs einen Anreiz bietet, auch mal nach A zu schauen.

Wenn B erstmal durch eine Reihe hanebüchener Fehler auffällt, wird das allerdings kaum jemand tun.

(Und aus gegebenem Anlass auch nochmal der Hinweis auf ein schon paar Wochen alte, dennoch aber nach Lektüre brennender PNP-Christbäume umso lesenswertere grundsätzliche Ausführungen zum Zustand des Onlinejournalismus).

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Thomas Mrazek

    In diesem Fall mögen wir vielleicht pingelig gewesen sein.
    Gestern gab es jedoch ein Messerattentat auf den Passauer Polizeichef. PNP.de berichtet nur bruchstückhaft über dieses Verbrechen, unklar bleibt, ob der Täter gefasst wurde und vor allem heißt es bei PNP.de (PNP.de-Meldung von 20.46 Uhr) immer noch: „Im Klinikum wird der schwer verletzte Alois Mannichl derzeit notoperiert. Ein ausführlicher Bericht folgt in der morgigen Zeitung Am Sonntag – auch online unter http://www.am-sonntag.de„. Das der Website-Hinweis nicht mal aktiviert ist, mag wohl dem CMS geschuldet sein.

    Die „Am Sonntag“ ist eine, ebenso wie die „PNP“, zur Verlagsgruppe Passau zugehörige Gratiszeitung. Dort kann man wenigstens in einem PDF das Wichtigste zu diesem Fall nachlesen. Kleiner Medienbruch mag man monieren, aber es bleibt ja im eigenen Haus. (-;

    Ausführlicher, schneller und sogar mit ersten Hintergründen informiert wohl der Passauer Journalist Hubert Denk auf seiner Website Mediendenk und er sagt auch in einem Satz, was wohl viele Leser in erster Linie bei diesem Verbrechen interessiert: „Er [der Polizeichef, T.M.] ist schwer verletzt, aber nicht in Lebensgefahr“. Mal sehen, wann PNP.de seine Leser informiert, am Montag um 9 Uhr? Sorry, da fehlt doch auch jegliche Leidenschaft für’s Metier.

  2. A Friend

    Beide Meinungen kann ich nur unterstreichen! Dem ist nichts hinzuzufügen!

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