Noch ´n Leak

Manchmal ist diese Branche echt lustig. Oder soll man es naiv nennen? Oder verdrängungswillig? Ist ja auch egal. Jedenfalls ist es amüsant, wie jetzt helle Aufregung herrscht. Wegen eines Leaks, der furchtbar spektakulär daherkommt, über den heftig debattiert wird – und den jeder Lokalredakteur hätte machen können.

Wir bekommen jetzt in Form der „SZ Leaks“ eine erschütternde Wahrheit serviert: In „Sonderpublikationen“ deutscher Tageszeitungen werden möglicherweise die Interessen von Anzeigenkunden und Anzeigenabteilung deutlich mehr berücksichtigt, als wie sich das mit journalistischen Grundzügen vereinbaren lässt. Es könnte also passieren, dass in Beilagen und Sonderseiten mit so heimeligen Titeln wie „Planen, Bauen, Wohnen“ Dinge drinstehen, die durchaus den Interessen derer entsprechen, die mit ihren Anzeigen solche Beilagen möglich machen. Oder anders gesagt: Die Redaktion macht, oftmals Jahr für Jahr, Themen, die sie normalerweise nie machen würde und die nur deshalb gemacht werden, weil sie mit den Anzeigen ganz schön Geld bringen. Landauf, landab. Kennt irgendjemand eine Zeitung, die auf solche Publikationen verzichtet?

Dementsprechend sehen solche Sonderveröffentlichungen meistens auch aus. Lieblos hingeklatschter Kram, der sich nicht selten aus Material freier Journalisten oder von, ähm, Redaktionsbüros stammt, die auf so spannende Themen wie „Fliesenlegen leicht gemacht“ spezialisiert sind. Was mich regelmäßig wundert: Wer liest solchen Kram? Liest ihn überhaupt jemand? Oder ist das nicht einfach ein etwas schräges, auf gemeinsamen Interessen gründendes Geschäft? Die einen bekommen Platz gegen Geld und können sich ihren direkten Vorgesetzten oder auch Gesellschaftern hin rühmen, wie geschickt sie wieder ihre Agenda, ihre Themen und ihre Namen im Blatt untergebracht haben – muss ja niemand wissen, dass das eh niemand liest. Und die anderen verdienen vergleichsweise viel und einfach Geld, in dem sie teuer bezahlten Platz mit billigem Inhalt füllen und die Kunden damit offenbar halbwegs glücklich machen.

Klar, das geht nicht. Das ist nicht in Ordnung. Aus einer ganzen Reihe von Gründen, die man beim besten Willen nicht auch noch ausführen muss.

Das ändert nichts daran, dass es jeden Tag passiert. Seit vielen Jahren schon. Mit der Konsequenz, dass die meisten Leser schon sehr viel schlauer sind, als es die meisten Redaktionen und Anzeigenkunden womöglich wahrhaben wollen. Und „Sonderveröffentlichungen“ als das durchschauen, was sie in den allermeisten Fällen sind: Altpapier. Bestenfalls dazu geeignet, Fisch einzuwickeln.

SZ Leaks? Man müsste eher über eine paar grundsätzliche Dinge in einer Branche reden, in der als redaktionelle Beiträge getarnte Werbung schon seit vielen Jahren gang und gäbe ist.

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