Der große Hype ums Webvideo

Hat Journalismus eine Zukunft? Ja, wenn es nur genug Webvideo gibt. Sagen die, die gerne an einfache Lösungen glauben. Die Wahrheit ist wie immer komplexer…

Webvideos
Foto: Jakubetz

Ich geb´s zu: Als ich diesen Text das erste Mal gelesen habe, bin ich in meinen aktuellen Zustimmungsreflex verfallen. In den verfalle ich immer, wenn Dinge mit so einer Art Ausschließlichkeits-Siegel gefeiert werden. Bei Sätzen, die auf „…ist die Zukunft von XX“ enden, bekomme ich Schüttelkrämpfe. Und wenn mir jemand prophezeien will, was wir in fünf Jahren machen, muss ich lachen. Hat vermutlich was mit meinem inzwischen biblischen Alter zu tun. Und damit, dass ich alleine in den 11 Jahren, die es dieses Blog schon gibt, zu viele falsche Propheten erlebt habe. Mit den Personen ist es dabei übrigens ähnlich wie mit den Trends: Sie kommen und sie gehen dann auch wieder. Wenn ich darüber nachdenke, wen ich schon zu Beginn dieser Blogjahre relevant fand und wer davon heute noch da ist, dann fallen mir nicht sehr viele ein.

So viel also zur Erklärung, warum ich zumindest tendenziell der Aussage zustimmen würde, dass irgendwelche Medienmenschen gerade mal wieder den Fehler machen, in eine einzige Sache, die gerade trendet,  die komplette Zukunft unserer Branche hineinzudeuten. Jetzt also: Webvideo.

Natürlich sind Videos eine große und manchmal auch großartige Sache. Sie sind inzwischen einfach zu produzieren und auch abzuspielen: theoretisch überall da, wo sich ein Bildschirm mit WLAN-Zugang findet. Klar ist mittlerweile auch, dass Videos eben sehr viel mehr sind als eine Art TV-Beitrag fürs Netz. Alles ist Video mitterweile, sogar seinen eigenen ganz banalen Alltag kann man inzwischen mit Videos dokumentieren, wenn man das mag und wenn man das wirklich für wichtig hält.

Neuer Universalcode

Universalcode 2020.
Universalcode 2020.

Wie sieht die Zukunft des Journalismus aus? Praktische Anleitungen und theoretische Überlegungen gibt es im neuen „Universalcode2020“, den es ab sofort gedruckt und als E-Book überall gibt.

Aber wie das eben so ist in unserer Branche: Aus einem Trend, aus einer von vielen Optionen wird gerne mal etwas Ausschließliches gemacht. Die Zukunft des Journalismus ist irgendwie visuell und hat was mit Videos zu tun. Weswegen jetzt alle was mit Videos machen. Ein Journalist, der am liebsten einfach nur Texte schreibt? Ein Fossil, kaum mehr überlebensfähig.

Webvideo: Schön, aber noch lange nicht alles

Auf der anderen Seite ist ja keineswegs abzustreiten, dass die Richtung schon so ist: Inhalte werden immer vielfältiger und die Amsprüche an uns Journalisten auch. Dass dem Thema Webvideo heute ein ganz anderer Stellenwert zukommt  – geschenkt, natürlich ist das so.

Trotzdem: Und wenn wir tausend Möglichkeiten dazu bekommen, mit denen wir  Geschichten erzählen, es sind nur Optionen. Von denen, Überraschung, sich der User aussuchen wird, welche ihm am besten gefallen.

Und diese User sagen uns gerade ganz was Banales, worauf wir zur Not auch selber hätten kommen können: Es gibt Dinge, die sich besser lesen als anschauen lassen.

Wer diese Sache mit der Digitalisierung begriffen hat, der zeigt seinen Journalisten vor allem eines: Wie man den richtigen Inhalt für die richtige Situation auf dem richtigen Endgerät macht. Und hetzt sie nicht von einem Hype zum anderen.

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