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2024: Wie KI zum neuen Geschäftsmodell für Medien wird

Jetzt sind wir also schon mitten drin in 2024, das sich so anfühlt, als sei es schon ewig alt.  Ein Jahr, von dem ich schon jetzt den Eindruck habe, dass wir vor allem eines machen sollten: aufs Gaspedal treten!

Weil erstens, Bauern und Lokführer lassen grüßen, in diesem Land eh schon zu viel genölt, gejammert und protestiert wird. Und weil zweitens die ganz reale Gefahr besteht, dass wir von so ziemlich allem abgehägt werden, was zukunftsweisend wird. Das gilt auch und vor allem für das Thema KI.

Die Tage, die man so schön “zwischen den Jahren nennt”, habe ich mal wieder in den USA verbracht. Neben vielen anderen Dingen erstaunt mich dort immer wieder, wie selbstverständlich dort der Einsatz von digitaler Technik ist, von der wir in Deutschland bestenfalls mal auf irgendwelchen Zukunftskongressen reden.

Stattdessen haben wir beispielsweise in Bayern einen Digitalminister, der allen Ernstes in großer Pose bei LinkedIn verkündet, die Fax-Geräte in den Behörden abschaffen zu wollen. In Miami habe ich in der Zwischenzeit einem kleinen Roboter dabei zugesehen, wie er komplett autonom bestellte Essens-Lieferungen ausfährt. Und mein Hotel, ebenfalls in Miami, war komplett mit einer Handy-App zu steuern. Rollos, Vorhänge, Fernseher, Raumtemperatur, Licht und sogar die Farbe des Lichts, alles ohne Knöpfe.

Essen ausliefern in Miami: komplett autark und digital. (Foto: Christian Jakubetz)

Jetzt kann man, zugegeben, natürlich sein Licht weiter mit dem Schalter anmachen und sein Essen von jemandem bringen lassen. Die kleine Episode zeigt nur, dass wir es uns in Deutschland in vielen Branchen und auf fast allen Ebenen ein bisschen arg bequem gemacht haben. Und dass wir dabei sind, den Anschluss zu verlieren. 

Aber wir sind ja hier nicht bei den Bauern und auch nicht bei Lokführers zuhause.

Weswegen hier nicht einfach nur rumgenölt wird. Stattdessen lieber heute und auch übers Jahr verteilt ein paar Dinge, mit denen wir uns beschäftigen sollten. Vielleicht staunen wir ja am Ende des Jahres 2024 ebenso wie ich in Miami über fahrende Essenslieferanten und appgesteuerte Hotelzimmer.

KI: Das Jahr der Konsolidierung und der praktischen Anwendungen

Man kommt natürlich auch in diesem Jahr nicht am Überthema vorbei. KI ist an dem Punkt angekommen, an dem sie bis in den letzten Winkel unseres Alltags vordringt. Wir haben allerdings genügend Experimente gesehen, neue Tools zuhauf, von denen einige richtig gut waren. Andere waren zumindest interessant, manches war, naja, ein netter Versuch. Jetzt ist die Frage: Was machen wir daraus? Wie bekommen wir vernünftige Workflows hin, wie setzen wir die Anwendungen so ein, dass sie mehr sind als nette Gimmicks?  Ein paar Dinge lassen sich schon jetzt absehen.Bisher war generative KI eher wie eine Suchmaschine: Man gab irgendwas ein und irgendwas kam heraus. Im Laufe der letzten Monate stellte man dann fest, dass “irgendwas” als Eingabe nicht besonders effizient ist. Prompten, besseres und individuelles Erstellen von Befehlen wurde zum Trend (“Prompt Engineering”).  Inzwischen zeichnet sich ab, dass KI zum einen noch individueller wird, beispielsweise durch den eigenen App-Store von Open-AI.

Brauchen wir überhaupt noch die Fähigkeit zum prompten, wenn personalisierte KI in der Lage ist, zu erkennen, was wir brauchen und wollen könnten? Also, festhalten, jetzt wird es echt meta und ein bisschen spooky): Mit Promptless AI ist KI in der Lage, einer KI zu sagen, welche KI wir brauchen. Klingt wie gesagt ein bisschen absurd, macht aber Sinn. Bisher nämlich stehen viele schlichtweg überfordert vor den gigantischen Möglichkeiten, die KI bieten könnte, nur um dann irgendwelche lahmen ChatGPT-Texte zu genieren.

Wir müssen lernen, wie KI funktioniert. Wir müssten idealerweise wissen, wie sie ihre Entscheidungen trifft. Das ist sehr viel mehr als einfach nur zu prompten. Aber es wäre keine schlaue Idee ein Werkzeug in unsere Arbeit zu integrieren, ohne überhaupt zu wissen, was das ist und wie es tickt. Ansonsten, siehe oben, bleiben wir in unseren Jobs auf dem lahme GPT-Prompts-Level stecken.


Nein, nach wie vor hat KI Stand heute noch nicht das Potential, Tausende Jobs zu killen. Aber der Tag, an dem unsere Jobs zumindest auf den Kopf gestellt sind und an dem die Verwendung von KI so zu unserer Arbeit gehört wie die Arbeit mit einem Computer, der ist nicht mehr so fern, wie manche vielleicht glauben.

Schon jetzt ist KI, wenn man es richtig macht, ein unersetzliches Helferlein. Wenn wir davon ausgehen, dass sie, wie bisher noch fast jede Software, schneller, besser, effektiver wird, dann ist künftig jeder Laden, aber auch jeder Einzelne in einem hoffnungslosen rennen: Porsche gegen VW Käfer. Oder wie der Kopfrechner, der gegen jemanden mit Taschenrechner antritt. Ich würde mich also schon mal mit dem Umgang mit dem Taschenrechner vertraut machen. Auf Dauer kommt man eh nicht daran vorbei.

SEO und Suchmaschinen kommen an ihr Ende

Wenn man es also zusammenfasst, dann ist KI das neue Google. zumindest dann, wenn man unter Google die Suchmaschine als solche versteht. Mag sein, dass KI nie als Google-Ersatz gedacht war. Aber spätestens seit Chat GPT wird das von vielen Usern nicht nur so verstanden, sondern auch im Alltag so gelebt.

Und womöglich war Google ja auch einfach nur eine Übergangstechnologie. Wer “gesucht” hat, wollte im Idealfall schon immer eine klare Art haben – und keine unübersichtliche Linksammlung. Ich stelle eine Frage und bekomme eine Antwort: Diese Idee wurde schon von Smartspeakern bedient und wird jetzt von Chat GPT und seinen Epigonen auf die Spitze getrieben. Das sagt natürlich nichts über die Qualität der Antworten aus, wir alle wissen, dass die noch sehr verbesserungswürdig ist. Die Richtung ist dennoch klar.

Was wiederum heißt: Ciao Suchmaschine, arrivederci SEO!

Was gar nicht mal schlecht sein muss. Die ewige Anpassung von Texten an Google und Konsorten hat Texte nicht immer besser gemacht. Blöd nur für alle, deren Geschäftsmodell darin besteht, Content so zu kreieren, dass er in irgendwelchen Suchen möglichst weit oben auftaucht. Als Journalist schlage ich drei Kreuze, wenn es denn so kommt. Click und SEO-baiting gehört zu den weniger angenehmen Aspekten der Digitalisierung.

Umgekehrt bedeutet das für Content-Anbieter aber auch: Sie brauchen ein Geschäftsmodell, dass sich an diesen neuen Bedürfnissen orientiert. Wäre ich ein hochrangiger Medienmanager würde ich anfangen, meine Datenpools in individualisierte Anwendungen zu integrieren und die dann zu monetarisieren. KI ist das neue SEO!

 Jedem seine eigene KI!

Vom App-Store für Chat GPT haben wir ja etwas weiter oben schon gesprochen. KI wird also so individuell, wie es heute schon jedes Smartphone ist. Aber nicht nur für Nutzer und Unternehmer wird es sinnvoll sein, KI-Tools an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Auch als Geschäftsmodell machen individuelle Pools und Trainings durchaus Sinn. Bei der “Bild” haben sie schon eine solche eigene KI im Einsatz. “Hey” ist zwar ähnlich schlicht wie der Titel und das ganze Blatt.

Aber die Idee dahinter ist eine, die wir noch öfter sehen werden. Wenn man sich also beispielsweise eine hochspezialisierte Idee wie Table Media vorstellt und dahinter dann noch die individuelle Anwendung dahinter, die genau auf diese Bedürfnisse abgestimmt ist: Da ist sie dann auch schon, die Geschäftsidee der Zukunft.

Weil wir gerade von Geschäftsmodellen sprechen: Sieht so aus, als wären wir schon wieder bei der nächsten Stufe der großen Digitalisierungs-Evolution. Wer jetzt immer noch seinen traditionellen Modellen hinterherhinkt, irgendwas mit Abos und General Interest, reitet endgültig in den Sonnenuntergang. Und ganz ehrlich, um die ist es dann auch nicht schade. Das alte Bonmot von den Pferden und den Autos, das Henry Ford zugeschrieben wird, ist unverändert gültig.

Podcast Satzzeichen: Was das Jahr 2024 bringen wird

Für die Hanns-Seidel-Stiftung produzieren wir bei HYBRID Eins den Podcast „Satzzeichen“ – jede Woche eine Folge zu spannenden Themen aus Medien und Kommunikation. In der aktuellen Ausgabe sprechen wir mit dem BR-Journalisten und Digitalexperten Marcus Schuler (San Francisco) über alles das, was uns 2024 erwarten könnte. Den Podcast können Sie auf allen Podcast-Plattformen hören. Oder Sie schauen ihn sich als Video an!

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